Luther, Martin – An Jakob Probst (1529)

Gnade und Friede im Herrn. Ich ersehe aus deinem Briefe, mein l. Jakobus, daß du geistig müde bist vor Eckel an dem gottlosen Wesen, welches du sogar von Tag zu Tag wachsen und sich erheben sehen mußt, so daß du deinen Ort zu ändern oder zu verlassen gedenkst. Hüte dich, es zu thun, denn wenn du nur die Guten tragen willst, was thust du weiter? Thun nicht die Zöllner und Heiden dasselbige? Handle männlich, und laß dein Herz getrost sein und füge dich dem Herrn. Gedenke des heiligen Mannes Loth, und erinnere dich, wie der Apostel Petrus vorhergesagt und angenommen hat, daß alle Christen in den letzten Zeiten dem Loth gleich sein werden. Wir sollen also nicht von Sodom ausgehen, noch es verlassen, bis der Engel vom Himmel kommt und uns zurückbringt.

Die Welt ist ein Sodom. In Sodom soll man leben und alles Uebel sehen, das die gerechten Seelen quält. Aber so naht ihr Ende, so erfüllen sich die Missethaten der Ammorrhäer, so beschleunigen sie selbst ihr Verderben. Lebe wohl und bete für mich Sünder.

Der Türke soll mit einem unermeßlichen Heere in Ungarn sein. Gottes Gnade sei mit dir. Grüße deine Heva; es grüßt dich meine Käthe.

Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’S Verlag.) 1862