Luther an Leonhard Beier

29.9.1528

Gnade und Fried in Christo. Mein lieber M. Leonhard! Ihr wisset ohn Zweifel, wie der gute Gesell Paulus Hentz, etwa eur Schulmeister, noch hinterstellige Schuld hat bei etlichen Burgern zum Guben, welche er bisher mit viel Laufen und Kosten nicht hat mugen kriegen, und ist doch ganz arm, hat sonst diesen Winter nichts zu verzehren, weil sein Vater ist mit Feur heimgesucht zu Lubben. So bitte ich gar freundlich, wollet Herrn Licentiat Pichen zu euch nehmen, und beide von meinen wegen den ehrsamen Rath zu Guben bitten, daß sie doch ein gut Werk der Barmherzigkeit thun wollten und, angesehen sein Armuth, solche Schuld vom Rathgeld darstrecken und ihm geben, und die Mühe von den Burgern zu mahnen zu sich nehmen, wie sie doch ohn das wohl schuldig wären zu thun, weil es doch ja ihre Burger sind, und nicht leiden sollen, jemand das Seine vorzuhalten, welche Sunde in Himmel ruft und gleich so viel ist, als gestohlen und geraubt. Lieber, richtet solches wohl aus, denn ihr auch schuldig seid, solches zu thun, daß ihr nicht ihres Raubes theilhaftig werdet. Grußet mir Ern Licentiat Pichen freundlich. Ich hoffe, es gehe euch mit eur Eva und Abel wohl. Gott hat mir ein Elslin genommen. Hiemit Gott befolhen, Amen.

Die Michaelis 1528.

M.L.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Sechster Band.
Briefe vom Januar 1527 – Oktober 1528
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1895