Luther, Martin – An Spalatin. 7. Junius 1522

Dem Wirdigen Herrn Magister Georgio Spalatino, Kurfürstlichem sächsischen Prediger und Capellan, meinem besondern Herrn und Freund.

Gnad und Fried in Christo, Amen. Mein lieber Magister Spalatine! Es hat sich ein armer Fischermann vergriffen, und einmal nur meinem gnädigen Herrn zu nahe gefischet, hab ich aus Furbitt gegen den Schösser fur ihn gebeten: so hör ich nu, er hab ihn von sich an meinen gnädigen Herrn geweiset. Bitt ich nu, ihr wollet in meinem Namen meinen gnädigen Herrn fur ihn bitten, daß die Straffe gewandelt werde. Denn ich höre zehen silbern Schock von ihm foddern. Nicht will ich ihn ungestrafft haben, auf daß ein Exempel der Furcht und Regiment bleibe, sondern daß es ein Straffe sey, die ihm sein Nahrung nicht verdrucke. Ich wollt ihn in Kerker etliche Tage werfen, oder Wasser und Brod lassen fressen acht Tage, damit man sehe, daß nur Besserung und nicht Verderbung gesucht würde. Und das dünkt mich auch eine rechte Straffe seyn für die Armen; die Reichen soll man im Beutel räufen. Hoffe, ihr werdet dieß ausrichten. Hiemit Gott befohlen. Am Pfings-Abend, Anno 1522.

Martinus Luther

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe, Sendschreiben und Bedencken, vollständig aus den verschiedenen Ausgaben seiner Werke und Briefe, aus andern Büchern und noch unbenutzten Handschriften gesammelt, kritisch und historisch bearbeitet von Dr. Wilhelm Martin Leberecht de Wette, Professor der Theologie zu Basel. Zweyter Theil. Luthers Briefe von seinem Aufenthalt auf Wartburg bis zu seiner Verheurathung Berlin, bey G. Reimer 1825