Calvin, Jean – An Jeanne d´ Albret, Königin von Navarra.

Nr. 703 (C. R. – 3748)

Über d´ Escars vgl. 694.

Trostbrief nach dem Abfall ihres Mannes.

Madame, das Mitleid, das ich mit Ihren Ängsten empfinde, lässt mich wenigstens teilweise spüren, wie hart und schwer sie zu tragen sind. Doch wie dem sei, es ist doch viel besser für Sie, um solcher Ursache willen traurig zu sein, als selbst schwach zu werden zu Ihrem Verderben. Es ist ja ein wünschenswertes Ding, in Ruhe und Wohlsein zu leben, und wenn Gott seinen Kindern dieses Gut schenkt, so können sie sich von Herzen freuen. Aber da dies nun einmal ein Vorrecht ist, das nicht ewig dauert, so müssen wir ihm eben auch auf rauen, schweren Wegen folgen, wenns ihm gefällt, uns hart zu prüfen. Man hat Sie wohl gelehrt, Madame, dass wir Gott nicht dienen können ohne Kampf. Die Arten dieser Kämpfe sind verschieden; aber wie es Gott gefällt, uns zu brauchen, so müssen wir bereit sein. Wenn die Angriffe, die Sie, Madame, nun auszuhalten haben, scharf und schrecklich sind, so hat Ihnen doch Gott lange Zeit Gelegenheit gegeben, sich darauf vorzubereiten. Der König, Ihr Gemahl, ist ja schon lange von diesen beiden Hörnern des Teufels, dem d´ Escars und dem Bischof von Auxerre, berannt worden. Nun hat er sich nicht nur von ihnen über den Haufen werfen lassen, sondern er stößt nun selbst wider Gott und die Seinen. Ich rede davon wie von einer ganz bekannten Sache. Ich weiß, Madame, die ersten Stöße gelten Ihnen. Aber hätten Sie auch hundertmal mehr Schwierigkeiten, die Kraft von oben, zu der wir unsere Zuflucht nehmen, wird doch siegen. Nur, Madame, werden Sie nicht müde, festzuhalten, dass Sie Gott zum Helfer haben! Denn wir brauchen ihm ja nicht aufs Geratewohl folgen, da seine Verheißung uns nicht fehlen kann, dass er auch Ihrer Festigkeit guten Erfolg geben wird, wenn sie sich gründet auf sein Wort. Mag auch die ganze Welt wanken; wenn unser Anker im Himmel festgemacht ist, so wirfts uns hin und her, aber wir kommen doch zum sichern Port. Der in seiner Hut hält, was wir ihm anvertrauen, ist getreu, sagt St. Paulus [1. Thess. 5, 24]. So wissen wir also, an wen wir glauben, und wollen beharren und Mitleid haben mit denen, die ihre Lust haben an Verlockungen so leichtfertiger Art, dass die Kinder ihren Spott damit treiben. Indessen, Madame, wollen wir Sie nicht vergessen in unserm Gebet, wie uns unser Bruder, Herr Beza, gemahnt hat, und wie wir auch sonst nach Ihrem Wunsche getan hätten. Ich bin sicher, Madame, Gott wird Ihre und unsere Seufzer erhören, wenn wir ihm nur das Opfer demütiger Ergebung bringen, das er wünscht. Denn so kühn wir sein dürfen und sollen in der Verteidigung seiner Sache, so müssen wir es doch unsern Sünden zuschreiben, wenn der Lauf seines Evangeliums aufgehalten wird. Wie dem auch sei, mitten in allen Nöten wollen wir uns an das Wort St. Pauli erinnern: Freuet Euch in dem Herrn, liebe Brüder, allewege, und abermals sage ich: Freuet Euch! [Phil. 4, 4] dann werden wir einen unüberwindlichen Mut haben in all unsern Trübsalen.

Madame, da der Überbringer dieses Briefes zu Ihnen zurückkehrt, um zu hören, wohin Sie ihn zu senden geruhen, so möchte ich Ihnen nur sagen, dass er sich bei uns so wohl gehalten hat, dass wir ihn am liebsten hier behalten hätten, wenn er sich nicht der Tätigkeit in Ihren Kirchen widmen wollte. Ich glaube, er hat seine Zeit hier nicht verloren, wie die Frucht seines Wirkens zeigen wird.

Den 22. März 1562.