Straßburg, 1538 Mai 16.
Es ist gut, wenn nur die Geschäfte den Briefwechsel hindern. Ich fürchtete, Du habest an mir mancherlei auszusetzen, wie auch die Gattin jenes greisen Simon, der eine Zeitlang zu St. Georg war, Konrad (Hubert) fragte, ob kein rechtes Einverständnis zwischen uns herrsche. In Konstanz haben jüngst die Unseren mich hoch erfreut durch ihr wie früher offenes, liebevolles Entgegenkommen; nur in der einen und anderen Sache habe ich eine gewisse ungewohnte Vorsicht bemerkt, hoffe aber, daß seit unserer Unterredung die Befürchtungen geschwunden sind. Wie bist Du mit dem schönen, munteren Töchterchen bei voller Gesundheit der Mutter beglückt! Infolge von Ermüdung durch die Geschäfte und Schwachheit habe ich mich bäurische benommen, preise mich aber glücklich, wieder in die Liebe meiner Konstanzer aufgenommen zu sein. Über meine Schrift erbitte ich Dein offenes Urtheil. Der zu uns gesandte Bruder scheint der Unterstützung wert; doch einen wie Unwürdigen hast Du an seine Stelle gesetzt! Hüte Dich wohl; er ist, wie wir nachträglich vernahmen, ein armseliger Mensch, auch war unsere Empfehlung kühl. Die Unseren grüßen Dich; bete für uns zu Gott, der Dich stärke und segne.
Argent(oratori) 16. Maii 1538.
Grüße Harter, seine Gattin und die Freunde.
Quelle:
Briefwechsel der Brüder
Ambrosius und Thomas Blaurer
1509 – 1548
Herausgegeben von der
Badischen Historischen Kommission
bearbeitet von
Traugott Schieß
Band I
1509 – Juni 1538
Freiburg i. Br.
Verlag von Friedrich Ernst Fehsenfeld
1908