Luther, Martin – An Herzog Georg von Sachsen (3.1.1523)

Aufhören zu toben und zu wüthen wider Gott und seinen Christ anstatt meines Dienstes zuvor. Ungnädigster Fürst und Herr. Ich hab Ew. Fürstl. Ungn. Schrift sammt dem Büchlein oder Brief, so ich an Hartmann von Kronenberg geschrieben haben soll, empfangen und mir sonderlich den Ort, des sich Ew. Fürstl. Ungn. beschweret als wichtiger Injurien, Seele, Ehre und guten Leumund betreffend, lassen lesen. Weil denn nun Ew. Fürstl. Ungn. begehret zu wissen, was ich darin geständig sein wolle, ist kürzlich meine Antwort, daß mir’s gleich gilt vor Ew. Fürstl. Ungn., es werde für gestanden , gelegen, gesessen oder gelaufen angenommen. Denn was ich wider Ew. Fürstl. Ungn. handele oder rede, es sei heimlich oder öffentlich, erbiete ich mich zu Recht, und wills ob Gott will auch für Recht erhalten. Denn wo es Ew. Fürstl. Ungn. Ernst wäre und nicht so unhöflich löge, würde sie die christliche Wahrheit nicht so schändlich lästern und verfolgen. Doch ist das nicht das erstemal, daß ich nun von Ew. Fürstl. Ungn. belogen und böslich dargegeben bin, daß ich billiger Ursach hätte mich zu beklagen der Injurien, Seele, Ehre und guten Leumund betreffend. Aber ich schweige des Alles, denn mir Christus gebeut auch den Feinden günstig zu sein. Welches ich auch bisher gethan habe mit meinem armen Gebet gegen Gott für Ew. Fürstl. Ungn. und erbiete mich noch Ew. Fürstl. Ungn. zu dienen, womit ich kann, ohn alles falsche Gesuch. Ist das veracht, da kann ich nicht zu. Ich werde mich darum vor keiner Wasserblasen zu Tode fürchten. Ob Gott will und mein Herr Jesus Christus, der wolle Ew. Fürstl. Ungn. Augen und Herz erleuchten und ihm gefällig und mir einen gnädigen günstigen Fürsten machen aus Ew. Fürstl. Ungn. Amen.

Zu Wittenberg, am achten Johannis (3. Januar) 1523.

Martinus Luther von Gottes Gnaden
Evangelist zu Wittenberg.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867