Dem Hochgelehrten und trefflichen Georg Spalatin, des Herzog zu Sachsen Bibliothecario, meinem treuen Freund in Christo. Heil!
Was ihr von unserm Philippo schreibt und erinnert, ist Alles geschehen und wird geschehen, wie ihr nicht zweifeln werdet. Er hat den vierten Tag darauf, als er angekommen, eine sehr gelehrte und zierliche Rede gehalten mit solchem Beifall und Bewunderung Aller, daß ihr weiter nicht daran denken , dürft ihn uns anzupreisen, denn schon haben wir Meinung und Ansehen von seiner Person und seinem Geist zur Seite gelegt und freuen uns und bewundern die Sache selbst in ihm und danken dafür dem Durchlauchtigsten Fürsten und eurem hierin geleisteten Dienst; aber sehet ihr darauf, mit welcher Kunst man ihn dem Fürsten am meisten anpreise.
Ich begehre, so lange er lebt, keinen andern Lehrer im Griechischen. Nur fürchte ich, daß seine zarte Leibesart etwa unsere Speise nicht vertragen könne, sodann daß ich höre, er sei mit zu geringem Sold berufen worden, so daß die Leipziger schon prahlen und hoffen, sie wollen ihn uns mit nächstem wegholen. Denn sie haben schon um ihn geworben, ehe er zu uns gekommen ist. Ich und viele Andere mit mir fürchten, der Herr Pfeffinger werde auch hierin nach seiner Art gegen des Fürsten Beutel einen allzu sparsamen und treuen Haushalter haben abgeben wollen. Darum, mein lieber Spalatin, daß ich recht frei, das ist mit meinem besten Freund rede, so sehet zu, daß ihr nicht seine Person und Alter verachtet, der Mann ist aller Ehren werth. Denn ich wollte nicht gern, daß wir und unsere Universität ein so gröblich Ding begangen, dadurch wir den Neidern Anlaß gäben uns übel nach zu reden.‘
Ich schicke euch mein waschhaftes Gewäsch und eilig hingeschriebene Einfälle wider den rechten, wilden und bauerhaften Sylvestrum, meinen sophistischen Widersacher. Denn ich habe ihn nicht werth geachtet wider den ich mir den Kopf zerbräche und großen Fleiß brauchte bei seinen so leichten Schlüssen, die Wasserblasen gleichen. Daß ihr für mich und meine Sache sorget, dafür danke ich Gott und euch. Gehabt euch wohl und liebt mich in Christo. Den 31. August 1518.
Bruder Martin Luther.
Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867