Räte des Friedrichs des Weisen – An Philipp Melanchthon

15. November 1520

Dem M. Philipp Melanchthon

Unser freundlich Dienst zuvor, wolgelahrter und ehrbar, besonder guter Freund. Unsers gnädigen Herrn des Bischofts zu Freysing und Numburg Statthalter und Räthe haben uns ietz von wegen der Bäbstlichen Bullen und Doctor Ecken Handlung geschrieben und gebeten, geinwärtigen Ihrem geschicktem zu Wittenberg Forderung zu erzeigen, damit er der Appellation des würdigen und hochgelahrten Herrn Doctor Martinus Luther wider angezeigte Bullen und anders fürgewandet ein gedruckt Notel oder Abschrift davon erlangen mocht, wie Ihr denn einverwahrt aus solcher ihrer Schrift weiter wernehmen werdt. Wann wir aber umb solche Appellation oder und wie Doctor Martinus für hat, wider die Bäbstlichen Bullen zu excipiren und schreiben, kein ander Bericht oder Wissens haben, dann was vergebens an uns gelangt ist: So haben wir obbestimmten Statthalter und räthen wieder geschrieben, daß wir ihrem geschickten Schrift an euch als den, der unsers Versehens umb Doctor Martinus Handlung und Gelegenheit am meisten Wissens trüge, geben hatten, sich darumb allenthalb ob euch zu erkunden. Derhalben begehren wir Abwesens und an Statt unsers Gnädigsten Herrn Herzog Friederichs zu Sachssen Churfürsten rc., Unsern halben freuntlich bitten, Ihr wollet berurtem der Statthalter und Räthe zu Czeitz geschicktem uf sein ferner Anzeigen hierinnen, so viel euch umb diese Sachen bewußt, Unterricht thun, damit er das fürder den Statthaltern und Räthen zu Czeitz vermelden müge. Das wird hochgenannter unser Gnädigster Herr von euch zu gnädigem Gefallen vermercken; So wollen wir es unser Person halben freuntlich umb euch verdienen. Datum ut supra.

Räthe

Corpus Reformatorum
Edidit
Carolus Gottlieb Bretschneider
Volumen I.
Halis Saxonum
Apud C. A. Schwetschke et Filium
1834

Luther, Martin – Scherzbrief an Melanchthon

1518

Luther hatte, als Dechant seiner Fakultät, dem Johannes Frosch die theologische Doktorwürde erteilt, und Melanchthon war von der – für diese Feiern üblichen – Mittagstafel ferngeblieben.

Dem griechischen, lateinischen, hebräischen, deutschen, niemals barbarischen Philipp Melanchthon, Schwarzerd.

Meinen Gruß. Heute habt Ihr, dieß mögen Euch Apoll und die Musen verzeihen, mich und den neugekrönten Doctor verschmähet. Nun dieses Festin eben nicht von mir allein gegeben ward, hab ich zwar es Euch verziehn: wenn Ihr aber auch itzt nicht, noch diese Stunde nicht erscheinet, so wird Euch Euer ganzes Griechenthum, geschweige jener unbedeutende Bruder Martin, wie sich Cajetan ausdrückte, bey Hrn. D. Andreas Karlstad, Licentiaten Amsdorf und hauptsächlich bey unserm Rector nicht entschuldigen können. Der junge Doctor glaubte, er wäre, wie er zu scherzen pflegte, als ein wilder Barbar von Euch Griechen verachtet. Sehet also zu, was Ihr thut, denn ich war Bürge, daß Ihr gewiß zu dieser Stunde kommen würdet. Ihr werdet mich dieser Bürgschaft loszählen, wenn Ihr kommet, ob ich gleich auch wünschte, daß Ihr D. Veit und Joh. Schwertfeger mitbrächtet, Denn heut Abends will ich Gastgeb seyn meiner bekanntesten, ja vielmehr geliebtesten Freunde. auf Euer Urtheil und Rath, hauptsächlich aber auf meinen Befehl, wenn doch ienes Brüderlein etwas zu sagen hat, sollen sie mit Euch kommen.

Quelle:
D. Martin Luthers bisher grossentheils ungedruckte Briefe. Nach der Sammlung den Hrn. D. Gottf. Schütze, aus dem Latein übersetzt. Erster Band. Leipzig, in Kommission bey Christian Friderich Wappler. 1784.

Luther, Martin – An Philipp Melanchthon (11.10.1518)

Heil! Es wird allhier nichts Neues oder Seltsames vorgenommen, allein, daß Jedermann in der ganzen Stadt von Or. Luther redet und den neuen Herostratum zu sehen begehrt, der ein solch groß Feuer angezündet hat. Beweiset euch als ein Mann, wie ihr ja thut und lehret die Jugend was recht ist: ich aber gehe hin. mich für sie und euch zu opfern, wenn es Gott gefallt. Denn ich will lieber sterben und eurer lieben Gemeinschaft, wie schwer mir’s auch wird, in Ewigkeit entbehren, als daß ich das, so durch euch recht gelehrt ist, widerrufen sollte und daß ich allen guten Künsten und Studien zum Verderben würde.

Welschland ist, wie vor Zeiten Aegypten, in greifliche Finsterniß geworfen: so gar nichts wissen sie von Christus, noch, was Christo angehört; und wir müssen doch leiden, daß sie über uns herrschen und uns lehren nach ihrer Weise, beides Glauben und Sitten. Also wird Gottes Zorn über uns erfüllt, wie der Prophet klagt: „Ich will ihnen Knaben zu Fürsten geben und Kindische sollen über sie herrschen.“ Gehabt euch wohl, lieber Philippe, im Herrn und wendet ab Gottes Zorn durch euer reines und brünstiges Gebet.

Gegeben zu Augsburg, am Montag nach Dionisii (11. October) 1518. ‚

Bruder Martin Luther.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Luther, Martin – An Melanchthon. Aus dem Lateinischen. Augsburg den 11. Oktober 1518

Segen von Christo zuvor! Liebster Herr Philippus! Johannes Böschenstein habt Ihr mir selber so sehr empfohlen, dass ich ihn nicht erst Euch hiermit zu empfehlen brauche. Er ist, sehe ich, ängstlich und kleingläubig, wodurch aber Eure Freundschaft keine Einbuße erleiden darf. Ich bitte vielmehr Euch und die andern Freunde, erzeigt Euch sanftmütig und herzlich gegen ihn. Von meiner Angelegenheit wird Euch Doktor Karlstadt unterrichten. Es geschieht nichts besonderes Neues; ich bin in aller Munde, und jeder begehrt den Menschen zu sehen, der eine so gewaltige Feuersbrunst entfacht hat.

Bewährt Euch weiterhin als ein Mann und lehrt der Jugend die Wahrheit; ich gehe hin, für Euch und sie mich opfern zu lassen, wenn es Gott so gefällt. Ich will lieber zugrunde gehen und, was mir am allerschwersten wird, auch Euren lieben Umgang auf immer entbehren, als dass ich widerrufe, was ich recht gelehrt habe, und als dass ich der Anlaß werde zum Untergang edler Wissenschaft.

Durch die Schuld meiner unwissenden Gegner, der heftigsten Feinde der Wissenschaft und Gelehrsamkeit, ist Italien in tiefe äpyptische Finsternis versunken. So gut wie nichts wissen sie von Christus und was Christi ist; und doch sind sie Herren und Lehrer unsres Glaubens und unsres Lebens. So wird der Zorn Gottes über uns erfüllt, der sagt: „Ich will ihnen Jünglinge zu Fürsten geben, und Kindische sollen über sie herrschen.“ Lebt wohl, lieber Philippus, und wendet Gottes Zorn durch reines Gebet von uns ab.

Augsburg Montag nach Dionysii 1518

Bruder Martinus Lutherus

Quelle:
Martin Luther Briefe In Auswahl herausgegeben von Reinhard Buchwald Erster Band Leipzig / Im Inselverlag / mdccccix