Luther, Martin – Scherzbrief an Melanchthon

1518

Luther hatte, als Dechant seiner Fakultät, dem Johannes Frosch die theologische Doktorwürde erteilt, und Melanchthon war von der – für diese Feiern üblichen – Mittagstafel ferngeblieben.

Dem griechischen, lateinischen, hebräischen, deutschen, niemals barbarischen Philipp Melanchthon, Schwarzerd.

Meinen Gruß. Heute habt Ihr, dieß mögen Euch Apoll und die Musen verzeihen, mich und den neugekrönten Doctor verschmähet. Nun dieses Festin eben nicht von mir allein gegeben ward, hab ich zwar es Euch verziehn: wenn Ihr aber auch itzt nicht, noch diese Stunde nicht erscheinet, so wird Euch Euer ganzes Griechenthum, geschweige jener unbedeutende Bruder Martin, wie sich Cajetan ausdrückte, bey Hrn. D. Andreas Karlstad, Licentiaten Amsdorf und hauptsächlich bey unserm Rector nicht entschuldigen können. Der junge Doctor glaubte, er wäre, wie er zu scherzen pflegte, als ein wilder Barbar von Euch Griechen verachtet. Sehet also zu, was Ihr thut, denn ich war Bürge, daß Ihr gewiß zu dieser Stunde kommen würdet. Ihr werdet mich dieser Bürgschaft loszählen, wenn Ihr kommet, ob ich gleich auch wünschte, daß Ihr D. Veit und Joh. Schwertfeger mitbrächtet, Denn heut Abends will ich Gastgeb seyn meiner bekanntesten, ja vielmehr geliebtesten Freunde. auf Euer Urtheil und Rath, hauptsächlich aber auf meinen Befehl, wenn doch ienes Brüderlein etwas zu sagen hat, sollen sie mit Euch kommen.

Quelle:
D. Martin Luthers bisher grossentheils ungedruckte Briefe. Nach der Sammlung den Hrn. D. Gottf. Schütze, aus dem Latein übersetzt. Erster Band. Leipzig, in Kommission bey Christian Friderich Wappler. 1784.