Nr. 626 (C. R. – 3207)
Die Guisen rächten sich für die Verschwörung von Amboise durch furchtbare Verfolgung der Evangelischen. Das rief aber doch allgemeine Entrüstung wach; so sah sich der König genötigt, eine Amnestie zu erlassen und eine Notabeln-Versammlung anzukündigen. Die Flotte Philipps II. war im Mai 1560 von den Türken geschlagen worden. Varranna – Navarra (vgl. 607).
Antiguisische Politik.
Wenn wir auch zeitweilig von Trauer fast erstarrt waren, so zwingt uns nun doch die klägliche Lage unserer Brüder in Frankreich, unsern Schmerz zu einer Tat der Fürsorge werden zu lassen, da es höchst notwendig ist, und auch eine nicht außer auch zu lassende Gelegenheit sich dazu bietet. Den Guisen ist doch ein gewisser Schrecken eingejagt worden, der ihnen immerhin ein Nachlassen der wütenden Strenge abzwingen wird. Auch ist wahrscheinlich, dass die Niederlage zur See, die der Spanier kürzlich erlitten hat, ihren Sinn etwas gewendet hat, so dass sie weniger grausam verfahren als sonst. Indessen sehen wir, dass die Konzessionen, die den Evangelischen gemacht worden sind, Trug und List sind, um sie einigermaßen zu beruhigen und sie dann, wenn sie nicht mehr so wachsam sind, umso leichter zu unterdrücken. Die Guisen benehmen sich in der Tat so wechselnd, dass ihre Unbeständigkeit das Gift ihres Hasses bezeugt, den sie zwar zu verbergen suchen, der sich aber doch in mancherlei Anzeichen verrät. Deshalb ist Hilfe von außen her nötig; wir hoffen, dass eine solche durch Eure Wirksamkeit zu beschaffen ist, wenn Ihr Euch nur recht bemüht. Das von Euch noch besonders dringend zu verlangen, ist ja nicht nur überflüssig, sondern wäre geradezu unsinnig. Denn wir kennen ja Eure Sorge für das Wohl der Brüder und Euren heißen Eifer.
Die Hauptsache dabei ist das: die deutschen Fürsten sollten durch eine ernsthafte Botschaft den König teils bitten, teils mahnen, er möge doch als die beste Methode zur Beruhigung seines Landes nicht ein Wüten mit Feuer und Schwert ansehen, sondern eine Reinigung und Neuordnung der korrupten kirchlichen Zustände; denn unmöglich könnten sich so viel tausend Menschen ohne eine wirkliche Reformation zufrieden geben. Damit Euch unser Wunsch deutlicher erkennbar ist, scheint es uns besser, auf einem besondern Blatt unsere Forderungen zu formulieren.
Wird nun das von Euch auch versucht, so werden wir Varranna auf alle Art aufstacheln lassen, die ihm entrissene Reichsregierung wieder zu fordern unter dem Vorwand, durch die schweren Unruhen sei Frankreich in Gefahr, und die Charakterlosigkeit und der Leichtsinn der Guisen richte alles zu Grunde. Auch könne man ihren Hochmut und ihren Geiz nicht länger dulden, denn er führe zum Untergang des Reiches. Täuschen wir uns nicht sehr, so wird der königliche Kronrat, wenn er sich von solchen Befürchtungen bedroht sieht, sich gewiss aufraffen, für das Wohl des Volkes zu sorgen. Besonders ist die Königin-Mutter mit den allerschärfsten Hinweisen zur Zustimmung zu bringen, da sie sich ja nur dem Zwang gehorchend von den Guisen hat hinreißen lassen. Sie wird Folge leisten, sobald sie sieht, dass es für sie und ihre Kinder von Nutzen ist.
Das Übrige erfahrt Ihr von den Boten, die Euch bekannt sind und deshalb keiner Empfehlung bedürfen. Dass die Sache sich, wie sichs gehört, Euch wie uns von selbst empfiehlt, wissen wir. So lebt denn wohl, hochberühmte und hochverehrte Männer. Der Herr halte Euch aufrecht mit seiner Kraft; er leite Euch mit seinem Geiste und gebe Euch seinen Segen in allem.
Genf, 4. Juni 1560.
Instruktionsentwurf für eine deutsche Gesandtschaft an den König von Frankreich.
Wir glauben, dass die durchlauchtigsten Fürsten jetzt gerade am besten eine Gesandtschaft schicken, weil die Guisen, wenn auch noch der alte Trotz in ihnen wohnt und man nicht auf Gerechtigkeit bei ihnen hoffen darf, jetzt doch vom Schrecken bestürzt und in ihrer Beurteilung der Lage verwirrt sind, so dass sie doch einige Mäßigung heucheln müssen. Wie die Verhältnisse sonst jetzt in Frankreich liegen, so wird der reine Glaube, wenn man ihm nur geringe Zugeständnisse macht und ihm gewisse Erleichterung verschafft, in kurzer Zeit solche Kräfte sammeln, dass es nicht mehr in der Macht aller Feinde liegen wird, sie zu mindern.
Wenn also den durchlauchtigsten Fürsten das Wohl der Bürger in Frankreich, die den wahren evangelischen Glauben bekennen, je am Herzen lag, so ist ihnen jetzt von Gott Gelegenheit geboten, ihre Macht zu ihrer Unterstützung zu brauchen. Untätig zu bleiben, keine Abhilfe zu schaffen, wäre dagegen höchst gefährlich, weil die Guisen, wenn sie sehen, dass alles überall ruhig bleibt, anfangen werden, wieder mit der alten Freiheit zu wüten. Ferner werden, wenn nicht von neuem darauf gedrungen wird, die Versprechungen des königlichen Rates zunichte werden. So muss eifrig darauf hingearbeitet werden, dass das Übel nicht weiter wuchert und unheilbar wird.
Die beste Formulierung der Forderung, wenn die durchlauchtigsten Fürsten damit einverstanden sind, wird die sein: erstens soll gesagt sein, dass man sich freue und dem Könige gratuliere zu dem Plan der Einberufung eines Nationalkonzils zur Abschaffung der Missbräuche und Verderbnisse, an denen alle wahren Verehrer Gottes augenscheinlich solchen Anstoß nehmen, dass sie hundertmal lieber sterben wollten, als stets in derartigem Schmutz hinsiechen zu müssen. Das sei auch das einzige Mittel, alle Unruhen zu stillen, die ein trauriges Ende nehmen könnten, wenn der König und sein Rat ihnen nicht klug entgegentreten. Dann wird auseinandergesetzt, dass die durchlauchtigsten Fürsten den König und seinen Rat mahnten, nicht von diesem guten, nützlichen Vorsatz zu lassen, aber jetzt noch nicht selbst ihre Hilfe anböten, da sie der papistischen Klerisei verdächtig seien, hingegen dringend wünschten, sich nach Kräften dieser Sache zu widmen, und dass ihre Dienste dem König nicht fehlen sollten, falls er sich davon Frucht verspräche.
Zum dritten sollen die Gesandten sagen, aus zwei Gründen seien sie nach Paris gekommen, nämlich um für die Sicherheit des Königs und für die Ruhe und das Wohl des Volkes ihren Rat zu geben. Beides sei nach der durchlauchtigsten Fürsten Meinung nur dann zu erhalten, wenn der Aberglauben ausgerottet werde, der die Herzen aller Guten so erbittere, dass sie mehr auf den rechten Gottesdienst als auf Erhaltung ihres Lebens bedacht seien und sich für charakterlos hielten, wenn sie Zustimmung vorgäben zu Dingen, die ihrem Gewissen widerstrebten. Der zweite Grund der Gesandtschaft sei die Bitte, es möchten doch die Leute, die Gott in Reinheit dienen und sich deshalb von aller papistischen Beschmutzung fernhalten wollten, milder behandelt werden; wenn sie nämlich sonst dem König den schuldigen Gehorsam leisteten und keine Unruhen stifteten, sondern sich bloß persönlich an den Glauben hielten, den sie angenommen hätten, so sollten sie geduldet werden, bis durch die geeigneten Mittel für eine Reformation der ganzen Kirche gesorgt sei. Wolle der König und sein Rat das zulassen, so seien die durchlauchtigsten Fürsten geneigt und gerne bereit, hilfreiche Hand zu bieten; verfahre aber der König auch fernerhin so scharf mit seinen Untertanen und verweigere eine gerechte Reformation, so müssten sie einen unglücklichen Ausgang befürchten, und deshalb nötige sie das Wohlwollen und die Aufmerksamkeit, die sie dem König und Frankreich überhaupt entgegenbrächten, ihn nicht nur daran zu erinnern, sondern ihn zu bitten und zu beschwören, er wolle doch eine so gute Gelegenheit, den Frieden für immer zu festigen, nicht außer acht lassen und sich nicht der Notwendigkeit widersetzen.