Zwingli, Huldrych – Brief an Albrecht von Landenberg

deutschen Herren und Comthur zu Cuniz sinem günstigem Herrn in sin Hand.

Gnad, Barmherzigkeit und Frid Christi Iesu sey mit Euch. Euer Schreiben, mir gethan, hab ich vernommen als ich hoff. So ich aber Euch antworten begehre, gegnet mir zum ersten das Unwissen eueres Standes, den ich doch so viel mir möglich aus den Briefen und Boten ermessen. Darnach, dass ich nicht weiss, wie Ihr Euch würdet oder möchtet enthalten, so Ihr solcher Ordnung Euch beschwerend verliesset. Aber dem sey allem wie es wolle, mein ich, mir zieme mit Euch christlicher Meinung lauter und wahrlich zu reden.

Heb also an: Fast alle Missbräuche sind erwachsen aus dem Abgang der Lehre Christi. Denn so das Licht verlasst, und hat die Finsterniss lieber als das Licht, ist es nicht ein Wunder, es trefflich geirret wird. Gott ist an keine Stadt gebunden, nicht gen Ierusalem, nicht gen Rom; ist allenthalben, und die ihn an eignen ausgezielten Orten zeigen, sind falsche oder Antichristen; darum eine schlechte Meinung ist, Ierusalem oder Rom behalten, geschweige mit Kriegen gewinnen. Ierusalem macht mir einen grossen Glauben am Evangelium, so es von den Ungläubigen inngehalten wird. Denn Christus hat geredt: Ierusalem wird von den Heiden zertreten, bis die Zeit der Nationen erfüllt wird. Ihr sehet die Heiden da! was wollen wir fechten, so wir sehen, dass Gott es anderst will? Ist nun euer Orden auf Ierusalem angesehen, weiss ich nicht, aus was Vernunft oder Schrift das Grund hab. Doch ist in dem Ding etwas derselben Zeit nachzugeben, die sich Menschensinn und Weisheit hat lassen verüfhren, nemlich gemeint, es sey ein grosser Gottesdienst, die heiligen (also haben sie sie genennt) Stätte, Stifte beschirmen oder suchen, das doch vergebens, wie obsteht; dabey auch gemeint Orden, Rotten oder Sekten ansehen, sey Gottesdienst; so doch Christus redt Matth. XV,9. „Sie ehren mich vergebens, so sie mich ehren mit den Lehren und Geboten der Menschen.“ Was sind Orden? Menschliche Erfindungen. So sind sie vergebens; denn das Wort Christi (Matth. XV,9) mag nicht liegen. Menschliche Lehr und Gebot ist vergebens, Orden sind menschliche Lehr und Gebot. Beschluss: so sind sie auch vergebens.

Hie hilft kein Einreden: Verheisst einer einem Menschen, wird er schuldig ihm zu halten. Ia billig sollst du dem Menschen dein Geheiss halten so wohl als Gott, und Gott sowohl als dem Menschen, aber ihnen beiden nur das leisten, was Gott gefällig ist; sonst wenn du Gott verheissen willst das, was er nicht begehrt, so mag zu dir gesprochen werden: Wer hat das von deiner Hand erfordert? (Iesai. I.) Gott ist nichts widerwärtiger denn Rotten, Sekten, Orden, Unterschied; daher einem ieden Menschen zu aller Zeit ziemt sich änig zu machen von dem, das wider Gott ist, und sich in die freye Barmherzigkeit Gottes zu lassen und sich derselben zu halten. Hiebey lass ichs bleiben. Thut als Euch Gott heissen wird; fanget aber nichts an, das bärlich Unruhe jemand bringen möchte. Um Gotteswillen ist nicht nur ein kleines zeitliches Gut, sondern die ganze Welt zu verlassen. Nichts mehr, denn: bewahr und walt Euer Gott. Möchte ich mündlich mit Euch reden, wollte ich Euch weitern Bericht geben. Zürnet nicht von der Titel wegen. Geben Zürich, 2. Tag Hornung 1523

Huldreich Zwingli, Euer allzeit williger

Zwingli, Huldrych – An Myconius.

Zürich, im J. 1520.

Es ängstigt dich, theuerster Myconius, die Erwartung Excommunikation Zeiten, wo Alles auf und nieder sich bewegt, alles sich vermengt, so daß niemand die ursprüngliche Gestalt erkennen kann; ist doch alles so verkehrt und verworren, daß ein Kopf nichts hervorbringen kann, von dem nicht das Gegentheil oder ein ihm Gegenüberstehendes hervorträte: daher jedem scharfsinnigeren Geist mit der entstehenden Hoffnung auch zu ihr sich gesellende Furcht vor Augen schwebt. Längst hegten Alle, die den Glanz der Humanität lieben, die Hoffnung, es würden jene Jahrhunderte wiederkehren, nehmlich die gelehrten, da man nur nicht glauben darf, daß alle insgemein gelehrt gewesen seien; allein diese Hoffnung zerstörte wieder die hartnäckige Unwissenheit um nicht zu sagen, Unverschämtheit Einiger, die lieber Alles dulden will, bevor sie etwas Gelehrtes und Geschmackvolles gestattet, damit nicht, versteht sich, die Merkmale solcher Unwissenheit aus Tageslicht kommen. Diese unterstützt der jeder seinen Bildung stets feindliche Krieg. Ebenso hegte man nicht geringe Hoffnung, Christus und sein Evangelium würden wieder aufkommen, da nicht wenige wackere und gelehrte Männer mit Segeln und Rudern (wie man sagt) dahin strebten, die Saat zur Reife und Frucht zu bringen. Aber es entkräftet dieselbe der Anblick des Unkrauts, welches der Feind darüber säete, da man schlief und sich nicht versah; und da es bereits tiefer gewurzelt, ist zu fürchten, es möchte auch die Wurzeln des Waizens erfaßt haben, so daß nun dieser nicht ohne Gefahr von ihm gereinigt werden kann. Wie wird nun hier zu helfen sein? fragst du. Höre Christum, der da spricht: lasset beides wachsen bis zur Zeit der Ernte, und. zur Zeit rc. So muß, mein vorsichtiger Myconius, das Gold durch das Feuer geläutert, so das Silber von der Erde gereinigt werden; so sprach Christus zu den Aposteln: „in der Welt habt ihr Angst;“ und abermals: „ihr werdet von allen Menschen gehasset werden um meines Namens willen,“ und „es kommt die Stunde, da jeder, der euch tödtet, meint, er thue Gott einen Dienst.“ Obwohl die Kinder Israel einst das gelobte Land bewohnten, fehlte es bei ihnen doch nie an Philistern, die sie übten, die sie zum Bilderdienste und zur Uebertretung der Gebote Gottes reizten, die sie aus Israeliten zu Heiden machten. So wird es auch uns nie an solchen fehlen (ich spreche als Christ), welche Christum in uns verfolgen, wenn sie sich auch noch so übermüthig des Namens Christi rühmen mögen. Denn nur der ist ein Christ, welcher jenes Merkmal hat, womit Christus die Seinen bezeichnete, da er sagte: Darum wird man als am rechten Wahrzeichen erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr thut, was ich euch geboten habe.“ Wenn nun Einige mehr dem menschlichen, als dem göttlichen Gesetze gehorchen, so wirst du solche des Merkmals Christi ermangelnd finden, indem sie seine Gebote den ihrigen hintansetzen. Deßhalb soll es, wenn die Andern etwas aufdringen wollen, innerlich bei dir heißen: Dieß sind ägyptische Fliegen, Cananiter, Phcresiter, Amoniter, Hethiter, Jebusiter, die dich ihnen zu gewinnen suchen, die sinds, aus deren Bekämpfer die Krone wartet. Des Menschen Leben auf Erden ist ein Krieg; mit den Waffen des Paulus gerüstet gilt es darin, tapfer in der Schlacht zu streiten, wenn man gekrönt werden will, diese Welt, die gleich einem Goliath sich erhebt, mit den drei klarsten Steinen niederzuwerfen. Und wenn du gleichsam einwendend sprichst: was werden wir unsere Pflegbefohlenen lehren, wenn wir sehen, daß die Mühe vergeblich angewandt wird, indem keine oder nur sehr wenige dem Evangelium oder der apostolischen Lehre gehorchen? so erwidere ich: um so eifriger mußt du dich bemühen, daß du diese zwar gemeiniglich verachtete oder vernachläßigte, jedoch in ihrer Schönheit glänzende köstliche Perle so vielen als möglich zeigest, daß sie sie liebgewinnen, Alles verkaufen, und sie sich erwerben. Sagte Christus nicht, der Samen sei in vier Theile getheilt, von deren einer allein auf gutes Land fiel? Versicherte er nicht, er sei gekommen, ein Feuer anzuzünden, auf Erden, und was wollte er lieber, denn es brennete schon? Was anders könnten wir aber richtiger dieses Feuer nennen, als die Beharrlichkeit im Leiden, wornach wir Eltern, die zur Untreue verleiten wollen, selbst hassen, ja den, Bruder, der uns dem Tod überantwortet, tragen? Ist nicht so ein Feuer, wer die Beschaffenheit des Werks eines Jeglichen prüft, ob er für den Ruhm der Welt oder für den Christi in den Streit gehe? Denn wenn für jenen: so wird er der Stoppel gleichen, die, sobald sie das Feuer der Prüfung spürt, im Rauch aufgeht, und sein Gedächtniß wird mit dem Schalle vergehen; wenn aber für diesen, so wird er als ein kluger Hausvater sein Haus auf einen Felsen bauen, welcher (nämlich Christus), wenn er ins Feuer geworfen wird, den Brand nicht spürt. So werden alle, die auf denselben erbaut sind, die für seinen, nicht für ihren Ruhm kämpfen, unverletzt bleiben, da sie weder Tod noch Leben, noch Schwerdt und alles, was der Apostel aufzählt, von seiner Liebe nicht scheiden kann: wie denn auch Christus selbst sie ermuntert, im Ueberwinden ihm nachzueifern, da er sagt: „seid getrost, denn ich habe die Welt überwunden.“ Was heißt dieß: „denn ich habe die Welt überwunden?“ Habe auch ich deßwegen überwunden? Ja wir haben in ihm überwunden, weil er überwunden hat; in ihm überwinden wir. „Denn wir sind nicht tüchtig, etwas zu denken, als von uns selber rc.“ Es sagte daher der, welcher wahrhaftig ist: „seid getrost;“ als wollte er sagen: wenn ihr auf mich all euer Vertrauen setzet, so werdet auch ihr überwinden, wie ich überwunden habe; so vertrauet denn! Dieß Alles wird euch deßhalb gesagt, damit ihr so zu sagen den, der da läuft und dahin eilt, anzureizen, um Christo recht viele Krieger zu werben, welche einst tapfer für ihn kämpfen würden, um sie je mehr und mehr zu ermuthigen, daß sie, je wüthender die Verfolgung sie betrifft, desto weniger fliehen. Denn um auch dieß dir zu erklären: ich glaube, daß die Kirche, wie sie durch Blut errungen ist, so auch auf keinem andern Wege, denn durch Blut wiederhergestellt werden kann. Du wirst daher die Deinen immer Christum lehren; ja, je mehr du in seiner Kirche Schutt entstehen sehen wirst, desto mehr wirst du Hercules bewaffnen, die den Mist von bisher so vielen Ochsen fortschaffen, ohne Säumen und Verdruß, ob sie auch Schwärme von Grillen umschwirren, da sie ja den Lohn nicht in dieser Welt erwarten, und dieß ihnen nichts verschlägt, wenn sie den Menschen noch so sehr mißfallen; wenn sie nur leise bei sich sagen: „wenn ich noch den Menschen gefallen wollte, so wäre ich Christi Knecht nicht;“ und um Alles kurz zu sagen: „selig sind, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen.“ Nie wird die Welt mit Christo einig werden; und jene Vergeltung Christi ist mit den Verfolgungen verheißen. Er sandte die Seinen als Schafe mitten unter die Wölfe. Siehe, mein Bruder, auf welchem Wege du ein Schaf Christi zu sein hoffen kannst; so nämlich, wenn dir, indem du zur Ehre Christi Alles thust und leidest, die gottlose Rotte der Wölfe mit dem Tode droht, wenn sie mit den Zähnen knirscht, mit den Klauen zerfleischt. Ich fürchte wenig für Luthers Leben, nichts für seinen Geist, wenn er auch von dem Blitze des Zeus getroffen würde; nicht als ob ich die Excommunikation verachtete, sondern weil ich glaube, daß solche Verdammungen mehr dem Körper als dem Geist zugefügt werden, wenn sie ungerecht ergehen. Allein es ist nicht unsere Sache, zu entscheiden, ob man billig oder unbillig mit Luther verfahre. Du weißt selbst auch, welcher Ansicht ich bin. Ich werde in diesen Tagen zum päpstlichen Commissär Wilhelm kommen, und falls die Sprache auf diesen Gegenstand kommen sollte, wie vor Kurzem, ihm rathen, den Papst zur Unterlassung der Excommunikation zu bestimmen, was meines Erachtens besonders in seiner Sache geschehen wird. Denn findet dieselbe wirklich statt, so möchte ich prophezeien, daß die Deutschen auch den Papst sammt dem Banne verachten werden. Du aber sei guts Muths: nie wird es unsrer Zeit an solchen fehlen, die Christum lauter lehren, und ihr Leben willig für ihn hingeben werden, sollten auch ihre Namen nach diesem Leben bei den Menschen in den übelsten Ruf kommen; was schon ehedem begonnen hat, nämlich: er war ein Ketzer, ein Verführer, ein Bösewicht. Bei denen, die so sprechen, werden sie als Verführer betrachtet, aber sie waren wahrhaftig. Was mich betrifft, so erwarte ich längst in Demuth alles Uebel von Allen, Predigern und Laien, und bitte Christum nur darum, daß er mir verleihe, alles mit männlichem Muthe zu tragen, und mich sein Töpfergefäß zerbreche oder befestige, wie es ihm gefällig ist. Werde ich excommunicirt, so werde ich des gelehrten und heiligen Mannes Hilarius gedenken, der aus Gallien nach Afrika verbannt worden und des Lucius, der vom römischen Stuhle vertrieben mit großem Ruhm zurückkehrte. Nicht als wollte ich mich mit jenen vergleichen, sondern weil ich mich mit denselben trösten will, die weit besser als wir, auch weitaus das Unwürdigste erduldeten, und wenn es etwa dienlich wäre, mich zu rühmen, so würde ich mich freuen, für den Namen Christi Schmach zu leiden. Doch wer sich dünken läßt, er stehe, sehe zu, daß er nicht falle. Von Luther lesen wir dermalen fast nichts; doch was wir bisher sahen, von dem glauben wir, daß es gegen die evangelische Lehre nicht verstoße. Du weißt, wenn du dich erinnerst, mit welcher Huld ich ihn besonders empfohlen habe, daß er nämlich das Seine durch tüchtige Zengen bekräftige rc…. Ich empfehle mich dem Organisten Chylotectus, sowie allen den Deinigen. Lebe wohl in Christo. Am Tag vor Jakobi, des Sohnes Zebedäi.

Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’s Verlag.) 1862

Zwingli, Huldrych – An Joachim Vadianus.

Zürich, 19. Januar 1520.

(„Den sehr gelehrten Mann und wackern Freund.“)

Ich sandte deinen Brief nach Basel an Dorpius, gelehrtester und theuerster Joachim, gleich am Tage nach seinem Empfang. Möge es glücklich ausfallen! Denn man sagt, der Mensch sei noch beweglicher, als der Cothurn:1) so ist Manchem jeder Ruhm zu gering, wenn er am Allerhöchsten geachtet wird. Es beunruhigt ihn freilich der Glanz des Erasmus, von dem er jedoch sehr viel Licht erlangen könnte, wenn er den Ruhm, der von Gott ist, suchen würde. Da er aber Dieß nicht thut, wird er durch den Neid und Hunger nach Ruhm gefoltert gleich den Juden, die, weil sie gierig nach dem Ruhm bei den Menschen trachteten, und deßhalb in der Treulosigkeit beharrten, billig von Christo hören mußten: „wie könntet ihr glauben, die ihr Ruhm von einander nehmet, und den Ruhm, der von Gott allein ist, nicht suchet? Den man nehmlich durch Demuth und Einfalt im Himmel, nicht hier erlangt?“ Glareanus wünscht dir bestens Glück, indem er sich dir abermals empfiehlt: Denn was das Studium zu Basel betrifft, so ist es etwas: wenn auch die Sache erst noch im Sprossen begriffen ist, so haben wir doch gute Hoffnung. Die Bücher, welche du irgend einmal zu haben wünschest, werde ich besorgen. Du thust aber etwas Deiner und eines christlichen Mannes Würdiges, wenn du dich in den Festtagen mehr mit Lesen derselben beschäftigst, als mit solchen kalten und müßigen Gängen. Denn ein Christ soll nicht wie ein Heide seine größte Hoffnung in das viele Reden setzen, sondern in Reinheit des Lebens, verbunden mit der Liebe zu Gott und zum Nächsten, welche man durch nichts glücklicher und leichter sich erwirbt, als wenn man dergleichen liest, was du verlangst, worin du nicht nur den Geist eines Paulus und der heiligen Väter vernimmst, sondern auch das Feuer der Liebe brennen fühlst, wovon du endlich selbst dergestalt entbrennst, daß du auch Andere entzündest und erleuchtest. Das Buch des Hussiten mit dem Titel: de capite ecclesiae 2) sah ich, und stellte es dem Secretär unserer Stadt zu, so daß es nun nicht leicht sein dürfte, wieder zu demselben zu kommen. Allein so viel wir bei der ersten Durchsicht der einen und der andern Seite merken konnten, scheint es nicht ungelehrt, und das Werk eines Mannes zu sein, der über Andere seiner Zeit an Bildung hervorragt; doch was brauchen wir unser Urtheil zu schreiben, da wir es mit einem Manne zu thun haben, von welchem wir vielmehr ein Urtheil erwarten, als fällen müssen; aber es ist vielleicht von Natur so, daß, was uns am Meisten gefällt, dann besonders gefallen soll, wenn auch das Urtheil von solchen hinzukommt, welche, wie sie niederer stehen, so auch ebenderselben Anstalt nicht fremd sind, damit nehmlich keiner sich selbst zu viel vertraue.

Siehe, wie sehr wir auf deine Gesinnung gegen uns bauen! Eck dürfte in Rom sein, Bullen und noch größere Verfolgungen, als diese, erregen: doch werden es Bullen sein, wenn sie auch die nicht treffen, welche sie durchaus nicht verdienen, weil sie nehmlich die verachten lernten, welche den Leib tödten. Bruder Casäus (denn Caseus ihn zu nennen, wäre unschicklich) möge sich mit seinen Posten wohl befinden: denn ich achte dieselben keinen Heller werth. Deßwegen möchte ich den Menschen auch von dir so behandelt wissen, daß er deutlich sieht, daß er und das Seinige werde verachtet werden, wenn er bekannt wird. Erasmus kam noch nicht nach Basel: sobald er aber kommt, wirst du es erfahren, und wirst du überlegen, ob du mit dem H. Verwalter von Einsiedel und Franciscus, Utinger und Andern mit uns nach Basel zu ihm herabkommen wollest; was dieselben bereits beschlossen haben, wenn er kommen wird. Neues, das dich sehr interessiren könnte, gibt es nichts, als daß ich für alle Schweitzer Schlimmes besorge, da ihre Studien so uneinig sind. Aber dieß ist nichts Neues und bei dir Unerhörtes. Unsere Schwester in Christo, Margaretha Zilina, grüße in unserem Namen. Ich gedenke täglich Einiges an sie zu schreiben, aber die Geschäfte verbieten es. Ich wünsche, daß du, Bruder in Christo sammt deiner Frau, so wie alle deine und meine Freunde sich stets wohl befinden möchten.

Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’s Verlag.) 1862

Zwingli, Huldrich – An Luther, 1519

So viele auch schon den Kern in der Religion erkannten, so war doch keiner im ganzen Lager Israels, der offen dem Feind entgegenzutreten wagte; so sehr fürchteten alle den drohenden Goliath. Du allein warst der David, der die Waffen in die Hand nahm. Zuerst führtest Du den Kampf in ihrer Weise mit Disputationen und paradoxen Antithesen. Aber bald legtest du diese lästige Rüstung nieder, holtest Dir glatte Steine aus dem himmlischen Gewässer und warfst die Geschosse so leicht und kräftig, daß Du den Koloß niederstrecktest. Du allein warst der Herkules, der immer zur Stelle war, wo Gefahren drohten.

Quelle:
Neukauf-Heyn Evangelisches Religionsbuch Teil IV B., Kleine Ausgabe. Lesebuch zur Kirchengeschichte für höhere Schlen von Ernst Heyn. Vierte verbesserte Auflage. Leipzig Verlag von Ernst Wunderlich. 1925

Zwingli, Huldrich – An Erasmus von Rotterdam

1515

Mein neulicher Besuch bei Dir entsprang dem Bedürfnis, mit Deinem königlichen Geiste bekannter zu werden. Da war ich entzückt auch von Deiner Anmut im Verkehr und Deinem wahrhaft evangelischen Leben. Nun meine ich immer, wenn ich etwas von Dir lese, Dich zu hören, ja Dich in Deiner zierlichen kleinen Gestalt vor mir zu sehen. Möchte Gott Dich, der sich wie kein anderer um die Erforschung der Schrift verdient gemacht hat, lange erhalten, damit die christliche Wissenschaft, die durch Dich der Barbarei und Sophistik entrissen wurde, aus dem jetzigen zarten Anfang zur Kraft und Vollendung gelange!

Quelle:
Neukauf-Heyn Evangelisches Religionsbuch Teil IV B., Kleine Ausgabe. Lesebuch zur Kirchengeschichte für höhere Schlen von Ernst Heyn. Vierte verbesserte Auflage. Leipzig Verlag von Ernst Wunderlich. 1925

Zwingli, Huldrich – An Vadian – 1513

Ich habe mich entschlossen, das Griechische zu erlernen, trotzdem ich des Lateinischen noch nicht recht Meister bin. Es ist mir dabei nicht um den Ruhm zu tun, sondern um das Studium und das Verständnis der h. Schrift.

Quelle:
Neukauf-Heyn Evangelisches Religionsbuch Teil IV B., Kleine Ausgabe. Lesebuch zur Kirchengeschichte für höhere Schlen von Ernst Heyn. Vierte verbesserte Auflage. Leipzig Verlag von Ernst Wunderlich. 1925