Berthold Haller – Aus einem Brief an Vadian

20.4.1528

Aufs neue von Krankheit befallen bin ich so übel daran und über alle Maßen mit Geschäften überschüttet, daß dabei kaum ein Gesunder aufathmen könnte. Eine solche Menge von Predigern läuft von allen Seiten herbei; Manche drängen sich auf und will man sie nicht gleich himmelhoch erheben, so übergießen sie mich mit einer Fluth von Schmähungen. Von siebzig solchen „fahrenden Brüdern,“ die sich hier einfanden, hatten bloß zwei bis drei in ihren Attestaten das von Zwingli und Oecolampad mit mir verabredete geheime Kennzeichen, welches ich hier auch dir mittheile, nämlich am Fuße des Schreibens die Worte: Gott allein sei Preis und Ehre. Unser Rath ist überaus beschäftigt, so daß kaum erst die Grundlagen zur Erneuerung der Kirche geordnet sind. Genf, von Savoyen bedrängt, ruft unsre Stadt, als Bundesgenossin um Hülfe an; inmitten dieser Wirren ist nichts Anderes abzusehen, als daß in Kurzem der Krieg losbricht. Das Aergste ist, daß, nachdem Messe und Mönchsthum abgeschafft worden, die Bauern auch die Güter zurückzufordern suchen…. Indessen geht das Wort Gottes seinen Weg. Das heilige Abendmal haben wir in der unserer Kirche entsprechenden Weise gefeiert. Der ganze Rath und das Volk, wenige ausgenommen, traten zum Tische des Herrn. Der Schultheiß empfing das Brod des Herrn aus meiner Hand, will’s Gott mit aufrichtigem Herzen!

Quelle:
Berthold Haller
Nach
handschriftlichen und gleichzeitigen Quellen
von Carl Pestalozzi.
Elberfeld.
Verlag von R. L. Friderichs.
1861

Haller, Berthold – Aus einem Brief an Vadian

5. Oktober 1525

Allenthalben gibt es zwar Viele, an denen man sieht, daß sie die Finsterniß mehr lieben als das Licht. Du kannst dir aber wohl denken, wie man hier gegen das Evangelium Christi gesinnt ist, da durch gedruckte Mandate schon mehr als Ein Mal befohlen worden, dasselbe rein und unverfälscht zu predigen, und doch wieder nach Willkür Alles so vereitelt wird, daß das Volk dem gepredigten Worte durchaus nicht folgen kann.

Quelle:
Berthold Haller
Nach
handschriftlichen und gleichzeitigen Quellen
von Carl Pestalozzi.
Elberfeld.
Verlag von R. L. Friderichs.
1861′

Grebel, Konrad – Brief an Joachim Vadian vom 30. Mai 1525

Heil und Friede sei mit dir in Gott, nicht in der Welt, damit sie im Herrn bestehen können.

Für das, was du mir Gutes gethan hast, bin ich dir zu großem Dank verpflichtet, und wünsche und begehre, daß es dir reichlich vergolten werden von Gott dem Geber des Guten. Erwäge ich aber und kommt mir in den Sinn dein Streit gegen meine ächt christlichen Brüder, so gestehe ich offen und mit christlichem Freimuth, daß ich lieber einem Anderen als dir den Dank für das Gute, was mir ward, schulden möchte, damit ich dir ohne Schuld sagen könnte, was zu sagen wäre, was du zwar selbst weißt, aber dennoch dich dadurch nicht bestimmen lässest, eher der Stimme des Geistes ein freies Gehör zu geben als der Lehre des Fleisches. Ich sage es gleichwohl: Alle oder doch die größte Schuld trifft dich, wenn gegen Jene mit Gefängniß, Geldbuße, Verbannung oder Tod vorgeschritten wird. Hüte dich, hüte dich vor unschuldigem Blut! Unschuldig ist es, ob du es auch weißt und zugleich nicht weißt, ob du es willst oder nicht, es ist unschuldig: ihre Geduld, ihr Lebensende und der große Tag des Herrn wirds zeigen. Zu deinem Verderben bist du so hoch in der heiligen Wissenschaft, in Würde und Ansehen deiner Stadt gelangt, wenn du nicht umkehrst und deinen Sinn änderst, ich rufe Himmel und Erde zu Zeugen.

Erlaube mir, daß ich dir sage, was bei Christus unserem Herrn und Heiland in der Wahrheit wahr ist. Ich werde, so es der Herr erlaubt, bis in den Tod die Wahrheit bezeugen, in welcher Jene wahrhaftig sind und du sein könntest. Ich weiß, was dich drückt, der Wucher nemlich oder deine fleischliche Weisheit oder die Partei des in diesem Punkt der Wahrheit feindlichen Zwingli. Stürze dich nicht ins Verderben. Täuschest du hier die Menschen, so bist du doch nicht verborgen vor dem Herrn, dem Herzenskündiger und gerechten Richter. Verzichte lieber auf Zinse und Wucher, traue Gott, demüthige dich, sei mit Wenigem zufrieden, zieh dich von der blutdürstigen Rotte eines Zwingli zurück, flüchte dich von deiner eigenen zur himmlischen Weisheit, damit du ein Thor der Welt, ein Weiser Gottes werdest, werde ein Kind, sonst kannst du ins Reich Gottes nicht eingehen.

Warum glaubst du dem Zwingli nicht auch zu deinem Heil, der gemäß dem klaren Bibelworte (Psalm 14. Ezech. 18.) offen erklärte, das Zinsenehmen führe zur Verdammniß, wie auch Papst Gregot IX. vom Tisch des Herrn den ausschloß, der über Gebühr etwas vom Schuldner fordere. Willst du nicht zu den Brüdern halten, so widerstehe ihnen wenigstens nicht, damit du eher Entschuldigung finden könnest, und gib nicht andern Städten das Beispiel der Verfolgung.

Ich bezeuge dir bei meinem Glauben an Christus, bei Himmel und Erde und Allem, was darin ist, die untrügliche Wahrheit, daß ich dich also nur aus Liebe zu dir ermahnt habe. Darum beschwöre ich dich bei Christus, daß du meine Mahnung nicht verachtest, sondern ängstlich sorgst, daß dir dieses zur Besserung, nicht aber zum Zeugniß gesagt sei. Gibst du nach, so will ich mein Leben für dich einsetzen; gibst du nicht nach, so will ich es für jene unsere Brüder gegen Alle, welche dieser Wahrheit widerstreiten werden, einsetzen. Denn ein Zeugniß für die Wahrheit will ich geben durch Dahingabe meiner Güter, nemlich meines Hauses, des einzigen Besitzthums, das ich mein nenne; ein Zeugniß will ich geben durch Gefängniß, Verbannung, Tod und ein geschriebenes Buch, wenns Gott nicht hindert; komme ich nicht mehr dazu, so werden alle Andern nicht schlafen.

Du billigst die Lehre, Zwingli mißbilligt sie. Was wartest du noch, da du es schon vorher weißt? Wartest du etwa, um einen Deckmantel zu bekommen, auch die Lehre zu verfolgen und zu mißbilligen? Mein Vadian, warum leget ihr nicht in unserer Weise Zeugniß ab? Nu mit Gewalt und fleischlichem Arm handelt ihr, indem ihr die Schrift willkürlich gegen uns ausleget. Meinest du, wir seien wahnsinnig oder nicht nur von bösen Geistern, sondern von der ganzen Hölle besessen, wir, die wir bereit sind, Zeugniß abzulegen bis in den Tod, welchen Zwingli und Andere uns drohen, indem sie die Wahrheit in Lüge aufhalten?

Quelle:
Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der reformirten Kirche. Herausgegeben von Dr. J.W. Baum, Professor in Straßburg, R. Christoffel, Pfarrer in Wintersingen, Dr. K.R. Hagenbach, Professor in Basel, Dr. H. Heppe, Professor in Marburg, K. Pestalozzi, Pfarrer in Zürich, Dr. C. Schmidt, Professor in Straßburg, Lic. E. Stähelin, Pfarrer in Basel, Lic. K. Sudhoff, Pfarrer in Frankfurt a.M., u. A. Eingeleitet vpm Dr. K. R. Hagenbach. IX. (Supplement=)Theil: J. a Lasco, L. Judä, F. Lambert, W. Farel und P. Viret, J. Vadian, B. Haller, A. Blaurer Elberfeld Verlag von R. L. Friderichs 1861

Zwingli, Huldrych – An Joachim Vadianus.

Zürich, 19. Januar 1520.

(„Den sehr gelehrten Mann und wackern Freund.“)

Ich sandte deinen Brief nach Basel an Dorpius, gelehrtester und theuerster Joachim, gleich am Tage nach seinem Empfang. Möge es glücklich ausfallen! Denn man sagt, der Mensch sei noch beweglicher, als der Cothurn:1) so ist Manchem jeder Ruhm zu gering, wenn er am Allerhöchsten geachtet wird. Es beunruhigt ihn freilich der Glanz des Erasmus, von dem er jedoch sehr viel Licht erlangen könnte, wenn er den Ruhm, der von Gott ist, suchen würde. Da er aber Dieß nicht thut, wird er durch den Neid und Hunger nach Ruhm gefoltert gleich den Juden, die, weil sie gierig nach dem Ruhm bei den Menschen trachteten, und deßhalb in der Treulosigkeit beharrten, billig von Christo hören mußten: „wie könntet ihr glauben, die ihr Ruhm von einander nehmet, und den Ruhm, der von Gott allein ist, nicht suchet? Den man nehmlich durch Demuth und Einfalt im Himmel, nicht hier erlangt?“ Glareanus wünscht dir bestens Glück, indem er sich dir abermals empfiehlt: Denn was das Studium zu Basel betrifft, so ist es etwas: wenn auch die Sache erst noch im Sprossen begriffen ist, so haben wir doch gute Hoffnung. Die Bücher, welche du irgend einmal zu haben wünschest, werde ich besorgen. Du thust aber etwas Deiner und eines christlichen Mannes Würdiges, wenn du dich in den Festtagen mehr mit Lesen derselben beschäftigst, als mit solchen kalten und müßigen Gängen. Denn ein Christ soll nicht wie ein Heide seine größte Hoffnung in das viele Reden setzen, sondern in Reinheit des Lebens, verbunden mit der Liebe zu Gott und zum Nächsten, welche man durch nichts glücklicher und leichter sich erwirbt, als wenn man dergleichen liest, was du verlangst, worin du nicht nur den Geist eines Paulus und der heiligen Väter vernimmst, sondern auch das Feuer der Liebe brennen fühlst, wovon du endlich selbst dergestalt entbrennst, daß du auch Andere entzündest und erleuchtest. Das Buch des Hussiten mit dem Titel: de capite ecclesiae 2) sah ich, und stellte es dem Secretär unserer Stadt zu, so daß es nun nicht leicht sein dürfte, wieder zu demselben zu kommen. Allein so viel wir bei der ersten Durchsicht der einen und der andern Seite merken konnten, scheint es nicht ungelehrt, und das Werk eines Mannes zu sein, der über Andere seiner Zeit an Bildung hervorragt; doch was brauchen wir unser Urtheil zu schreiben, da wir es mit einem Manne zu thun haben, von welchem wir vielmehr ein Urtheil erwarten, als fällen müssen; aber es ist vielleicht von Natur so, daß, was uns am Meisten gefällt, dann besonders gefallen soll, wenn auch das Urtheil von solchen hinzukommt, welche, wie sie niederer stehen, so auch ebenderselben Anstalt nicht fremd sind, damit nehmlich keiner sich selbst zu viel vertraue.

Siehe, wie sehr wir auf deine Gesinnung gegen uns bauen! Eck dürfte in Rom sein, Bullen und noch größere Verfolgungen, als diese, erregen: doch werden es Bullen sein, wenn sie auch die nicht treffen, welche sie durchaus nicht verdienen, weil sie nehmlich die verachten lernten, welche den Leib tödten. Bruder Casäus (denn Caseus ihn zu nennen, wäre unschicklich) möge sich mit seinen Posten wohl befinden: denn ich achte dieselben keinen Heller werth. Deßwegen möchte ich den Menschen auch von dir so behandelt wissen, daß er deutlich sieht, daß er und das Seinige werde verachtet werden, wenn er bekannt wird. Erasmus kam noch nicht nach Basel: sobald er aber kommt, wirst du es erfahren, und wirst du überlegen, ob du mit dem H. Verwalter von Einsiedel und Franciscus, Utinger und Andern mit uns nach Basel zu ihm herabkommen wollest; was dieselben bereits beschlossen haben, wenn er kommen wird. Neues, das dich sehr interessiren könnte, gibt es nichts, als daß ich für alle Schweitzer Schlimmes besorge, da ihre Studien so uneinig sind. Aber dieß ist nichts Neues und bei dir Unerhörtes. Unsere Schwester in Christo, Margaretha Zilina, grüße in unserem Namen. Ich gedenke täglich Einiges an sie zu schreiben, aber die Geschäfte verbieten es. Ich wünsche, daß du, Bruder in Christo sammt deiner Frau, so wie alle deine und meine Freunde sich stets wohl befinden möchten.

Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’s Verlag.) 1862

Zwingli, Huldrich – An Vadian – 1513

Ich habe mich entschlossen, das Griechische zu erlernen, trotzdem ich des Lateinischen noch nicht recht Meister bin. Es ist mir dabei nicht um den Ruhm zu tun, sondern um das Studium und das Verständnis der h. Schrift.

Quelle:
Neukauf-Heyn Evangelisches Religionsbuch Teil IV B., Kleine Ausgabe. Lesebuch zur Kirchengeschichte für höhere Schlen von Ernst Heyn. Vierte verbesserte Auflage. Leipzig Verlag von Ernst Wunderlich. 1925