Vgl. 437. Auf diesen ersten Brief hatte der Fürst Calvin sehr freundlich geantwortet.
Bereitwilligkeit, am Reformationswerk in Polen mitzuwirken.
Deine außerordentliche Freundlichkeit, erlauchtester Herr und edelster Mann, lässt es mich wahrhaftig nicht bereuen, dass ich dem Rat und den Bitten unseres Bruders Lismanino gewillfahrt habe. Denn ich muss gestehen, dass ich nur zögernd daran ging, wie er mir riet, dir zuerst einen Brief zu schreiben, der nun von deiner Hoheit so gütig und freundlich aufgenommen worden ist, wie ich sehe. Nun hat deine großmütige Antwort mich für die Zukunft aller Bedenklichkeit enthoben. Es freut mich sehr und ich beglückwünsche mich, dass es mir durch das Eingreifen Lismaninos gelungen ist, deinem Wunsch, mich zu deinen Freunden zählen zu können, zuvorzukommen. Aber wenn mich auch dies dein Wohlwollen gegen mich dir in ungewöhnlicher Weise verpflichtet, so ist doch ein noch heiligeres Band dazu gekommen: dein freimütiges Glaubensbekenntnis. Tatsächlich stammt ja auch deine persönliche Liebe zu mir nirgends anders her als aus deiner wahren Anhänglichkeit an Gott. Umso mehr werde ich mich bemühen, da du mir unter den Knechten Christi nicht den hintersten Platz zuerkennst, deiner Erwartung und deinem Wunsch zu entsprechen. Da ich das bei der großen Entfernung unserer Wohnsitze nicht besser bezeugen kann als durch fromme Aufmunterungsbriefe, so verspreche ich nach deinem Wunsch, dies bei jeder sich bietenden Gelegenheit tun zu wollen. Lismanino meinte, es entspräche nichts mehr deinem Wunsche, als dass ich mein Interesse an der Wiedergeburt der Kirche Polens durch eine öffentliche Schrift kundtue. Auch darin würde ich dir gerne willfahren, hielte mich nicht die unklare Stellung der königlichen Regierung noch zurück. Denn wenn ich auch sehe, dass der allergnädigste König der reinen Lehre des Evangeliums günstig gesinnt ist und eine heilige Reformation wünscht, so weiß ich doch, weil er es noch nicht wagt, einen Finger zu rühren, um sich offen als Schutzherr des reinen Glaubens zu erklären, nicht recht, wie viel man nach seinem Willen von ihm sagen dürfte. Ihn gar nicht zu erwähnen, wäre widersinnig und unmöglich. Da du nun weißt, hochgeachteter Herr, für wie gefährlich ich dieses Schwanken im Ungewissen halte, so schreibe mir nur vor, was du für das Richtige hältst. Was du mir als dir einleuchtend darstellst, verspreche ich zu tun. Wenns nötig ist, mag unser Lismanino noch als Bürge für mich eintreten, dessen Kommen wohl ebenso nützlich als allen Frommen angenehm sein wird. Denn er ist nicht nur untadelig, sondern auch von solcher Mäßigung, dass man von ihm auch bei noch ungeordneten Verhältnissen kein unüberlegtes Handeln zu befürchten hat; und doch ist er wieder auch nicht so nachgiebig, dass er nicht auch zu energischem Kämpfen bereit nach Polen zurückkehrt. Und nun, erlauchtester Herr, bleibt nur noch übrig, dass du bis aufs Äußerste ein unermüdlicher Streiter Christi bleibst. Die Verhältnisse Polens durchschaust du in deiner Klugheit wohl. Tatsächlich ist es nun zu dem Punkt gekommen, wo Gott jeden einzelnen ausdrücklich aufzufordern scheint, dass er sich bewähre. Da gilts an das zu denken, was im 110. Psalm steht: Voll Willigkeit wird dir das Volk sein am Tage deiner Heerschau. Wenn das von den Gemeinden gilt, wie viel mehr wäre es für die vornehmsten Führer, deren Aufgabe es ist, den andern den Weg zu zeigen, eine Schande, umzukehren im Lauf oder durch ihr Zögern die andern aufzuhalten. Doch diese Worte wollen nichts anderes, als dich in der freiwilligen Bereitschaft, von der du, wie ich höre, bereits eine schöne Probe abgelegt hast, mehr und mehr bestärken. Denn nichts vermag uns so zu unbesiegbarer Beharrlichkeit zu entflammen, als wenn uns der Herr schmückt mit seinen Zeichen, die die zu seinem Hause Gehörigen von denen draußen scheiden. Lebwohl, erlauchtester Herr, der Ewige mache dich von Tag zu Tag reicher an seinen Gaben; er rüste dich aus mit Kraft und leite dich mit seinem Geiste.
Genf [29. Dezember 1555].