Martin Luther – An Nicolaus Gerbelius

über das Marburger Gespräch

4.10.1529

Gnade und Friede in CHristo. Wie weit wir es in Vereinigung der Lehren hier in Marpurg gebracht, mein lieber Herr Gerbel, werdet ihr sowol mündlich, als aus dem Aufsatz eurer Abgeordneten sehen. Wir haben das unsre tapffer vertheidiget, und sie haben viel von dem ihren nachgelassen; sind aber in dem Artikel vom Sacrament des Altars störrig geblieben, und im Frieden hinweggelassen worden; welches wir darum gethan, daß wir nicht durch allzu stark Schneutzen Blut heraus zwängen. Wir sind auch Feinden Liebe und Friede schuldig. Man hat ihnen aber angedeutet, daß, wenn sie nicht auch in diesem Artikel anders lehreten, sie zwar unsre Liebe und Friede; aber nicht den Namen der Brüder und Glieder Christi bey uns haben sollten. Ihr möget ermessen, was vor Frucht daraus entstanden. Doch scheint mir viel Aergerniß aufzuhören, wenn dem Streiten im Schreiben und Disputiren öffentlich gewehret wird. Wir hätten kaum gedacht, daß wir noch so viel ausrichten würden. Wollte GOtt, daß auch der übrige Scrupel vollends durch Christum gehoben würde! Amen. Lebet wohl, mein Bruder, und bittet für mich. Marpurg den 4. Oct. 1529

Martin Luther, D.

Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften.
Siebzehenter Theil.
Johann Georg Walch
Halle im Magdeburgischen
Druckts und verlegts Joh. Justinus Gebauer