Luther – Dem Ehrenvesten Achtbaren Herrn Ehrn Nikolaus Gerbell, Doctor der Rechten zu Straßburg seinem werthesten Bruder in Christo.

1531 – genaues Datum unbekannt

Gnad und Friede. Ich schreibe kurz, mein Gerbell, vermög meiner Gesundheitsumstände, die mir täglich durch Zusetzung des Satans bedenklicher werden. Den Grafen von Hohenlohe werde ich, wenn ich kann, gern mit Briefen bey Hof unterstützen. Bey uns ist man festens überzeugt, Ferdinand werde wohl nicht, wie man glaubte, den Hessen mit Krieg überziehn, sondern ehe sey der Hesse ihm fürchterlich; und Ferdinand vermöge nichts. Ich bewundere mit den Meinen Gottes Wunderthaten, und dank ihm, der die so erschreckenden Drohungen des Reichstages in Spott verwandelte, daß wir jetzt, wider aller Hoffnung, des Friedens geniessen. Denn es glaubten alle ganz sicher, daß diesem Sommer und mit Ende des Frühjahrs ein entsetzlicher Krieg in Deutschland ausbrechen werde. Aber Gott zeiget, daß er die Herzen der Könige und aller Menschen in seiner Hand habe. Damit befohlen dem Herrn, und betet für mich. J. 1531.

Martin Luther

D. Martin Luthers bisher grossentheils ungedruckte Briefe. Nach der Sammlung den Hrn. D. Gottf. Schütze, aus dem Latein übersetzt. Erster Band. Leipzig, in Kommission bey Christian Friderich Wappler. 1784.

Martin Luther – An Nicolaus Gerbelius

über das Marburger Gespräch

4.10.1529

Gnade und Friede in CHristo. Wie weit wir es in Vereinigung der Lehren hier in Marpurg gebracht, mein lieber Herr Gerbel, werdet ihr sowol mündlich, als aus dem Aufsatz eurer Abgeordneten sehen. Wir haben das unsre tapffer vertheidiget, und sie haben viel von dem ihren nachgelassen; sind aber in dem Artikel vom Sacrament des Altars störrig geblieben, und im Frieden hinweggelassen worden; welches wir darum gethan, daß wir nicht durch allzu stark Schneutzen Blut heraus zwängen. Wir sind auch Feinden Liebe und Friede schuldig. Man hat ihnen aber angedeutet, daß, wenn sie nicht auch in diesem Artikel anders lehreten, sie zwar unsre Liebe und Friede; aber nicht den Namen der Brüder und Glieder Christi bey uns haben sollten. Ihr möget ermessen, was vor Frucht daraus entstanden. Doch scheint mir viel Aergerniß aufzuhören, wenn dem Streiten im Schreiben und Disputiren öffentlich gewehret wird. Wir hätten kaum gedacht, daß wir noch so viel ausrichten würden. Wollte GOtt, daß auch der übrige Scrupel vollends durch Christum gehoben würde! Amen. Lebet wohl, mein Bruder, und bittet für mich. Marpurg den 4. Oct. 1529

Martin Luther, D.

Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften.
Siebzehenter Theil.
Johann Georg Walch
Halle im Magdeburgischen
Druckts und verlegts Joh. Justinus Gebauer

Luther, Martin – An Nicolaus Gerbelius (1522)

An Herrn Nicol. Gerbelius, Dr. der Rechte zu Straßburg.

Wittenberg den 18. März 1522

Heil Ich glaube, bester Gerbelius, daß der Brief, den ich aus der Einsamkeit schrieb, durch Philippus dir zugekommen ist: nun aber, obgleich du nichts geantwortet, wollte ich dennoch diesen euren Aristobul nicht ohne ein paar Zeilen zu euch zurückgehen lassen, der dich in Christo grüßen und in meinem Namen ansprechen und bitten solle, mich fleißig dem Herrn anzubefehlen. Der Satan tobt, und die Nachbarn brummen allenthalben und drohen, ich weiß nicht mit wie viel Toden und Höllen; und nun hat sogar meine Hürde in der That, die Sachen fast bis zum Verzweifeln verwirrt. Ich mußte mich daher selbst lebendig mitten in des Kaisers und des Papstes Wuth hineinwerfen, ob ich etwa den Wolf aus dem Schafstall vertreiben könnte. Ich bin somit nun von keinem Schutze umgeben, als mit dem himmlischen, sondern lebe mitten unter den Feinden, welche durch Menschen das Recht haben, mich alle Stunden zu tödten. Ich tröste mich so, daß ich weiß, Christus sei ein Herr über Alles, dem der Vater Alles unter seine Füße gethan hat, ohne Zweifel auch des Kaisers Zorn und alle Teufel, welche nicht von den Schafen sind, die der Vater dem Sohn unterworfen hat. Will er mich so tödten lassen, so geschehe es in seinem Namen; will er aber nicht, wer wird mich tödten? Sei nur du mit den Deinen dafür besorgt, daß du durch Beten das Evangelium förderst: denn ich sehe, daß Satan damit umgeht, daß nicht nur das Evangelium vertilgt werden, sondern auch ganz Deutschland mit seinem eigenen Blut überschwemme. Ach welch ungeheure Dinge führt er im Schilde, und wenn ich mich nicht täusche, stehen sie nur allzugewiß bevor, weil Niemand ist, der sich als Mauer stellete wider Gott für das Haus Israel, sodann weil wir das Evangelium des Reichs Gottes vor unserm hartnäckigen Undank nur in Worten, und nicht in der Kraft haben, und mehr durch das Wissen aufgeblasen, als durch die Liebe erbaut werden: darum wird uns, fürchte ich, gegeben werden, wie wir verdienen. Bete demnach, es beten auch die Eurigen, laßt uns alle beten: es ist eine ernste Sache, und Satan trachtet nach uns mit unglaublicher List und allen Kräften. Hier muß ich Geschäfte halber abbrechen. Lebe wohl mit deiner Frau und grüße alle die Unsrigen. Wittenberg, Mittwoch nach Reminiscere, a. 1522. Dein

M. Luther.

Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’S Verlag.) 1862