Philipp von Hessen – An Carlstadt

20.8.1529

Philips von gots gnaden Lantgraue zu Hessen, Graue zu Cazenelnbogen rc.

Hochgelarter lieber besunder. Ewr schreiben, darin ir begert euch zu dem gesprech, das wir des Sacraments halber Zwuschen den vornembsten der gelerten angereicht haben, auch kommen zü lassen, Das haben wir empfangen, alles seines einhalts nach der lenge verlesen und wollen euch darauff genedig meynung nicht verhalten. Das nicht wenigerwir haben etzliche der geleerten von den vornembsten zu einer umherrede des Sacraments halber beschrieben und auch dahin vermucht, das sie zusamenzukomen mit Gotes verleihung des Almächtigen, uns zugeschrieben, aber mit der Condition, welche wir im besten aus sunderlichen ursachen vorhin angesehen und bedacht haben, umd minders gezencks willen, und das wir hoffen, es solle diese ehe zur freuntlichen und einmutigen vergleichung dienen.

Da solchs ein sonders geheim, freuntlich und undisputirlich gespräch, on einicher weitläufigkeit und Zangkung sein soll, Darumb auch wir unterlassen vile dazu zuerfordern und muchen vor uns erleiden, das ir dabei auch weret, wissen aber nit, ob es denen, die wir dazu mit oberzelter Condition beschrieben haben, gelegen sein will, derohalben muget ir bei dem Luther ansuchen und sso es dem zu gefallen ist, mit oder neben Ime zu demselbigen des Zeit und Malstatt Ir alsdenn von Ime vernemen werdet, erscheinen. Sein euch sonst zu gnaden gewogen.

Urkunden aus der Reformationszeit
Ch. Gotthold Neudecker
Cassel, 1836
Bei J. C. Krieger

Einsiedel, Hugolt von – An Carlstadt

3. Februar 1522

An Doct. Karlstadt.

Mein willige Dienst zuvor. Hochgelahrter und würdiger, lieber Herr Doctor, besonder guter Freund. Es langt mich an, wie Ihr und andere, so zu Wittenberg dem christlichen Volk predigen, zuweilen der Lehr und Unterweisung uneinig, und über das Sachen vernehmen sollt, dadurch der gemeine unverständige Mann geärgert und nicht gebessert, und daß derwegen Aufruhr und Entpörung zu besorgen, wie ich aus mancherlei Ansagen gehört, daß sich allbereit an solchen viel Leut geärgert haben. Dieweil denn euch und andern, die das evangelische Wort führen, ganz geneigt, und je nichtgern erfahren wollte, daß durch Predigen Ichtes [irgend etwas] undienstlich und ärgerlicher Neuerung sollt vorgewandt werden: so ist an euch meine freundliche Bitte, ihr wollet euch in euerm Amt der Geschicklichkeit, als ich mich zu euch gänzlich versehe, halten und erzeigen, damit das gemeine Volk ncht geärgert, sondern gebessert (werde). Wo Ihr auch zu Verkündigung des Worts nicht sonderlich werdet gerufen, so wollt euch dazu nicht einlassen, damit es von etlichen nicht dafür geachtet (werde), als hättet Ihr zu Förderung eures Ruhms mehr Begier, denn der Menschen Heil und Frucht durch das Wort Gottes zu suchen. Dafür ich euch und andere aus christlicher Liebe will gewarnet haben. Wollet solche Erinnerung von mir im Guten vermerken. Das will ich freundlich verdienen. Dat. Eylnberg, Montag nach unser lieben Fr. Tag purificationis. Anno XXII. Hugolt von Einsidl.

Luther, Martin – An Andreas Carlstadt (März 1519)

Heil! Fürtrefflicher Mann. Unser Eck hat einen Zeddel ausgehen lassen, darinnen er mit prächtigen und hochtrabenden Worten prahlt – wie seine Art ist – , daß er in Leipzig wider euch disputiren wolle. Und das hatte ich mit ihm gehandelt in Augsburg, ob etwa euer Streit durch ein freundlich und vertraut Gespräch beigelegt werden könnte; was auch ihr eurer nicht unwürdig achtet. Aber siehe, der Mensch, der so schön an sein Wort gedenkt und so wahrhaftig ist, nachdem er euch schändlich geschmäht, verspricht es zwar euch, laßt aber seine Frösche oder Mücken auf mich los.

Ich dachte es würde ein rechter Tractat sein von euern wichtigsten und ernsthaftesten Sachen, von der Gnade Gottes, von menschlichem Elend, und von dem, worüber ihr streitet. Aber mein Eck greift indessen meine Kleinigkeiten an, oder scherzt vielmehr nach Art dieser Tage ^) mit Larven, bringt die närrischen Fragen vom Ablaß fast wieder aus dem Abgrund hervor, und kommt auf das eure, wie auf Nebendinge nur gleichsam obenhin. Vielleicht hat der Heilige Geist dieses Menschen Possen und Geplauder vorher gesehen und den fürtrefflichen Herrn Doctoren der Leipzigischen Universität in Sinn gegeben, daß sie dieß Geschäfte nicht bei sich haben wollen handeln lassen.

– Darum, mein lieber Eck, gebe ich euch keine eitle Ehre schuld, daß ihr diesen Zeddel habt ausgehen lassen, ehe ihr Nachricht gehabt, was die von Leipzig in der Sache thun würden: noch auch, da ihr von mir vernommen, daß sie wirklich nicht wollten, daß ihr etwa gedacht hättet aus Dampf und aus einer Disputation, die nimmermehr geschehen würde, Ruhm zu erjagen. Ich werfe euch auch nicht vor, daß ihr dem Doctor Carlstadt tückisch und Unsreundlich, ja untheologisch fremde Sätze vorgerückt, welche ihr wußtet, daß er sie für die seinen nicht erkennen würde, damit ihr nochmals ein Siegsgeschrei über solchen Mann zu erheben gedachtet; ich beschwere mich auch nicht, daß ihr aus schändlicher Heuchelei gegen den Papst abermal Mährlein von mir erzählt und neue, von euch erdichtete Irrthümer mir wieder auf den Hals gewälzt und euch doch gestellt habt, als wenn ihr kein Masse getrübt hättet. Wir vertragen das von einem Theologo. Nur das wollen wir zeigen, daß wir eure übel ausgesonnene Ränke und eure schlecht versteckte Händel wohl verstehen und euch gütlich warnen, daß ihr hinfort zu euren Ehren uns nicht mit so grober List Nasen drehen oder ein Bein unterschlagen wollet: ihr könnt diese bauernhafte und merkliche Schalkheit oder Klugheit für eure tölpischen Sophistengesellen sparen.

Unterdessen seid ein Mann und gürtet euer Schwert um die Seite als ein Held. Denn nachdem ich mich eures Friedens halber vergeblich bemüht, werde ich vielleicht als ein Mitstreiter willkommen sein. Nicht daß ich siegen wollte, sondern daß ich euch nach euren Pannonischen, Longobardischen. Bayerischen Siegen (wo wir euch glauben,) eine Gelegenheit gebe, den Ruhm zu gewinnen, daß ihr auch der Sächsische und Meißnische Siegesfürst und wo ihr wollt, allzeit Mehrer des Reiches heißet in Ewigkeit.

Aber mein lieber Andreas, ich wende mich wieder zu euch, und bitte, daß ihr mit mir an den Durchlauchtigsten Fürsten, Herzog Georgen, und den hochweisen Rath in Leipzig schreibet, ob sie uns die Gnade und Gunst erzeigen wollten, uns auch nur ein weltlich Haus zu dieser Sache einzuräumen. Denn die fürtrefflichen Herrn Doctores von der Universität will ich gar nicht mit der Gefahr des Richteramts beschweren, welches sie auch ganz klüglich abgelehnt haben.

Wir wollen es vielmehr so thun, daß wir zwei Notarien mit uns bringen, sowohl Eck als Luther; und wenn andre mehr dazu reden wollen, können sie ihre Gründe und Beantwortungen den Notarien zum Aufschreiben vorsagen. Das thue ich darum, damit uns nicht die schändliche Prahlerei und die vergebliche Mühe begegne, die in der Wienerischen Disputation Eckens zu sehen: und daß auch das Geschrei und tolle Gefechte mit Händen, dadurch die Streiter unsrer Zeit zu toben und die Wahrheit zu verderben pflegen, verhindert werde: hingegen Alles, so viel möglich, in Schriften still und bescheiden zugehe und alsdann also schriftlich verfaßt dem apostolischen Stuhl, den Bischöfen und der ganzen Christenheit zum Urtheil überreichet werden könne.

März 1519
Bruder Martin Luther, Augustiner.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Luther, Martin – An Andreas Carlstadt (14.10.1518)

Glück und Seligkeit, achtbarer Herr Doctor. Nehmt wenig für viel, denn die Zeit drängt mich dazu: auf ein andermal will ich euch, auch andern Leuten mehr schreiben. Diese drei Tage über ist meine Sache in einem sehr harten Stand gestanden, also, daß ich gar keine Hoffnung hatte wiederum zu euch zu kommen, und daß ich mich nichts gewissers denn des Bannes versah. Denn der Legat wollte in alle Weg, ich sollte nicht öffentlich disputiren; so wollt er mit mir allein auch nicht disputiren, und rühmt sich allezeit, er wolle nicht mein Richter sein, sondern in allen Sachen väterlich mit mir umgehen. Aber nichts desto weniger wollt er nichts anders von mir hören, denn diese Worte: Ich widerrufe und bekenne, daß ich geirrt habe. Welches ich nicht habe wollen thun. Aber am allermeisten ist über diese zwei Artikel gefochten worden. Zum ersten, daß ich gesagt hab, daß der Ablaß nicht sei der Schatz des Verdienstes unsers lieben Herrn und Seligmachers Christi. Zum andern, daß ein Mensch, der zu dem allerhochwürdigsten Sacramente gehen will, glauben müsse.

Nachdem nun der Legat alle Sachen allein mit Macht und Gewalt trieb und handelte, habe ich heute erst auf vieler Leute Fürbitte erlangt mir zu gestatten meine Antwort in Schrift zu stellen. – Auch ist meine Meinung, so der Legat sich unterwindet mit mir mit Gewalt zu verfahren, so will ich meine Antwort über benannte zwei Artikel ausgehen lassen, damit die ganze Welt sein Unweis und Ungeschicklichkeit in dieser Sache vermerken möge. Denn wahrlich, es fließen aus seiner Meinung viel ungereimte und ketzerische, Sätze und Meinung. Er ist vielleicht ein namhaftiger Thomist, aber ein undeutlicher, verborgener, unverständiger Theologus oder Christ und derhalben diese Sache zu richten, erkennen und urtheilen eben so geschickt als ein Esel zu der Harfen. Derwegen auch meine Sache in solcher Fährlichkeit steht, daß sie solche Richter hat, welche nicht allein Feinde und ergrimmt sind, sondern auch unvermöglich die Sache zu erkennen und zu verstehen. Aber wie dem allen sei, so regiert und lebt Gott der Herr, welchem ich mich und alles das Meine befehle und zweifle nicht, mir werde durch etlicher gottesfürchtiger Lerne Gebet Hülfe widerfahren; wie ich mich schier lasse dünken, als geschehe Gebet für mich.

Aber ich komme entweder wiederum zu euch unverletzt, oder aber ich wende mich an einen andern Ort verbannt; so gehabt euch wohl. Haltet fest und erhöhet Christum getrost und unverzagt.

Ich habe aller Menschen Gunst und Beifall, allein ausgenommen vielleicht den Haufen, der es mit dem Cardinal hält: wiewohl der Cardinal mich auch stets sein lieben Sohn nennt und meinem Vicario zusagt, daß ich keinen bessern Freund hab, denn ihn. Das weiß ich, daß ich der allerangenehmste und liebste wäre, wenn ich dieß einig Worte spräche revoco, das ist, ich widerrufe. Aber ich will nicht zu einem Ketzer werden mit dem Widerspruch der Meinung, durch welche ich bin zu einem Christen worden; eher will ich sterben, verbrannt, vertrieben und vermaledeiet werden.

Gehab dich wohl, mein liebster Herr, und zeige diese meine Schrift unsern Theologis, dem Amsdorf, dem Philippo und den Andern, damit ihr für mich, ja auch für euch bittet. Denn allhie wird gehandelt eure Sache, nämlich des Glaubens an den Herrn Jesum Christum und an die Gnade Gottes. Gegeben zu Augsburg, an St. Calixten Tag (14. October) 1518.

Euer Bruder Martin Luther Augustiner.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867