Amsdorff an Friedrich den Weisen, 17.3.1523

Durchlauchtigster, Hochgeborner Churfürst. Meine unterthänige, verpflichte, gehorsame Dienste allezeit zuvor. Gestrenger Herr. Ich habe E. Chf. G. einen langen ungeschickten Brief, wie mir es dazumal einfiel, geschrieben, und doch nicht eigentlich weiß, was ich beschlossen habe. Bitte derhalben unterthäniglich, E. Chf. G. wolle derowegen keinen ungnädigen Willen tragen, und mir solches gnädiglich verzeihen. Und ist dieß meine endliche Meinung: dieweil klar und öffentlich durch die heil. Schrift bewährt und gegründet ist, daß alle gestiftete und Präsenz-Messen nicht allein ohne Gottes Wort und Christi Einsetzung, das noch zu leiden wäre, wiewohl es auch einem Christen verdächtig seyn soll, sondern auch straks darwider fundirt und gestiftet seyn, so weiß ich dieselbigen nicht zu halten, auch nicht darüber zu halten, daß es andre thun, kann auch niemand dazu treiben, zwingen, oder dringen, wie einem Dechant bisher geeignet und gebühret hat.

Derhalben kann ich die Dechaney in keinem Weg dergestalt annehmen. (Es) sind ihrer doch wohl, die es, als sie sagen, mit gutem Gewissen thun können, und wollten nicht ein Land nehmen, daß bei ihnen (die Messen) sollten abkommen. Denen trete ich abe, und weiche ihnen willig und gern aus Nothdurft meines Gewissens, das weiß Gott. Bitte unterthänigliche, E. Chf. G. wollte dieß nicht anders, denn gnädiglich von mir annehmen. Das will ich allezeit mit meinem unterthänigen Gehorsam geflissen seyn zu verdienen. Ex Wittenberga 1523 Dinstag nach Laetare.

E. Chf. G. 
unterthäniger
Nicolaus Amsdorff.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834