Luther, Martin – An Wenceslaus Link (19.8.1520)

Heil! Ich begehre und suche das gar nicht, daß ich durch meine Schrift und Bücher gern Lob und Ruhm erwerbe. Es werfen fast alle mir meine beißige Art vor, ich aber bin mit euch der Meinung, daß Gott wohl so der Menschen Dichten offenbare. Denn ich sehe, daß, was dieser Tage linde gehandelt wird, vergessen und von niemand geachtet wird. Es mußte auch der Rebecca Leib uneinige und einander stoßende Kinder tragen. Unsre Zeit urtheilt nicht gut, die Nachkommen werden’s besser machen. Auch Paulus nennt seine Widersacher Hunde, Schwätzer, falsche Arbeiter, Satansdiener und flucht der getünchten Wand in’s Angesicht. Wer sieht nicht, wie die Propheten hart strafen. Aber das sind wir gewohnt, darum rührt es uns gar nicht. –

Gehabt euch wohl im Herrn. Am Sonntag nach Himmelfahrt Mariä (19. August) 1520.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867