Heinrich Bullinger an seinen Sohn Heinrich

Seinem lieben Sohn, Heinrich Bullinger, jetzund zu Baden in dem hintern Hof.

Zürich, den 22.7.1558

Ich habe, lieber Sohn, deinen Brief erhalten, so auch die Mutter den ihrigen. Deine Einrichtung im Bad hat meinen Beifall. Lebe ja recht genau, vermeide aber gleichwohl dabei eine zu große Kargheit, denn ich will nicht, daß du dir irgend etwas entziehest, was du doch unumgänglich nöthig hast. Und so wie ich unnöthige Ausgaben hasse, so bin ich doch nachsichtig bei solchen, die höchst nothwendig sind, die du aber in Rechnung bringen wirst; die Rechnung schicke mir dann zu, und wenn sich eine schickliche Gelegenheit zum Schreiben findet, so benutze sie. Benimm dich ja, lieber Sohn, gegen die übrigen Badegäste klug und bescheiden. Sey überhaupt höflich und freundlich. Allen bist du eine gewisse Ehrerbietung schuldig. Gegen das Alter sey dienstfertig, besonders wenn es ehrwürdige Rathsmitglieder sind. Thu dich freundlich zu ihnen, mit Ehrerbietung, ihnen willig zu dienen. Schwätz nicht zu viel, sey aber redreich und holdselig mit ihnen. Du weißt, es ist am besten, wenn man in allen dingen ein gewisses Maaß und Ziel beobachtet. Die verlangten Saiten erhaltest du hier, und wenn du etwas Anders brauchst, so darfst du nur schreiben. Lebe wohl. Ob dir das Bad nicht fügen wette, laß es uns bei Zeiten wissen. Bitte Gott um baldige Herstellung deiner Gesundheit und um seine Gnade. Laß dich mit Niemand ein zu kämpfen. Halt dich züchtig, ehrlich, wohl, daß du uns Ehre einlegest. Der Herr sey mit dir. Die Mutter und alle die Unsrigen lassen dich grüßen.

Bullinger

Merkwürdige Züge
aus dem Leben des Zürcherischen Antistes
Heinrich Bullinger
Joh. Friedr. Franz
Bern, bei J. J. Bugdorfer
1828