Calvin, Jean – An Farel in Neuchatel (499).

Nr. 499 (C. R. – 2473)

 

Francois de Morel, bisher unter dem Namen de Collonges (vgl. 416), am Hofe der Herzogin Renata von Ferrara, war jetzt Pfarrer zu Altwyr im Oberelsass. Über Houbraque und Valerand vgl. 495. Crispin war ein Genfer Buchdrucker, der zur Messe reiste. Über Garnier, den früheren Pfarrer der französischen Gemeinde zu Straßburg, vgl. 409.

Über Houbraques Sendung nach Frankfurt.

Ich schrieb dir neulich, es sei um die Gemeinde in Frankfurt geschehen, wenn man nicht baldigst eingreife. Wäre de Morel zu uns gekommen, so wäre das ja das beste Mittel gewesen; aber da man nun in Frankfurt allgemein Houbraque erwartet, begreife ich die Hartnäckigkeit nicht, mit der er in Neuchatel zurückgehalten wird, wo doch wenig oder gar keine andern Aussichten für ihn vorhanden sind. Drängte nicht die bittere Notwendigkeit, so möchte Eure Entschuldigung vielleicht angehen; jetzt da Euch allein Eure Verlegenheit zu diesem Verhalten treibt, so seht zu, dass Ihr damit nicht zu selbstsüchtig handelt. Zwei Tage nachdem ich geschrieben, wurde mir ein Brief von Valerand und seinen Presbytern gebracht, in dem sie rühmten, wie nun alles in Ordnung sei. Da jedoch der Brief gleichzeitig erzählte, man suche absichtlich neue Händel, aus denen bald ein neuer Brand aufflammen werde, so rief ich vor den Brüdern aus, diese fröhliche Stimmung und dieses Sichbeglückwünschen komme mir nicht nur verdächtig vor, sondern geradezu wie eine Unglücksbotschaft. Der Tag war noch nicht herum, als ein anderer, von der Gegenpartei eigens gesandter Brief meinen Verdacht bestätigte. Und dabei haltet Ihr Houbraque noch zurück, damit ihn dann bald darauf die Feinde Christi mit schmählichem Vorwurf gewaltsam vertreiben! Deswegen reist nun unser lieber Herr Crispin nach Neuchatel, um jetzt wenigstens das zu erreichen, was Ihr längst hättet freiwillig tun sollen. Valerand wünscht, man solle Garnier nach Frankfurt berufen. Ich weiß nicht, ob das gut wäre; sicher ist Houbraque besser geeignet, den Übelständen in der Gemeinde abzuhelfen. Hört man auf meinen Rat, so wird man übrigens bald einen zweiten hinsenden müssen als Valerands Nachfolger; aber glaube mir, es wird sehr viel zu tun geben, die Starrköpfe in beiden Parteien zu beugen. Indessen tut es not, rasch zu gewähren, was sie wünschen, wenn wir nicht den Ruin der armen Gemeinde wollen. Lebwohl, bester, trefflichster Bruder, samt allen Kollegen und Freunden, die ich von mir zu grüßen bitte. Der Herr sei stets mit Euch; er leite Euch mit seinem Geiste und behüte Euch mit seiner Kraft auch weiterhin.

Genf, 9. Juni 1556.
Dein
Johannes Calvin.

Obwohl erst letzte Woche jemand zu den Waldenser-Brüdern gesandt worden ist, ist schon wieder ein Brief da, in dem sie einen zweiten verlangen.