Calvin, Jean – An die Pfarrer in Straßburg.

Begleitschreiben zur Schrift gegen Westphal.

Obwohl ich neuerdings erst eine Enttäuschung an Euch erlebt habe, so höre ich doch nicht auf, Euch zu lieben und fromme, wahrhaft brüderliche Gemeinschaft mit Euch zu wünschen, ja, was an mir liegt, so will ich sie bis aufs Äußerste festhalten. Wenn ich mich über eine Enttäuschung beklage, so vernehmt ohne Euch zu ärgern, was ich damit meine. Nämlich, als ich vor kurzem an Herrn Marbach schrieb, aber so, dass der Brief Euch allen galt, da hätte man mich, meine ich, wohl einer Antwort würdigen dürfen. Aber niemand geruhte, mich nur mit einem Wörtlein grüßen zu lassen. Ich habe doch sicher nicht so unter Euch gelebt, dass man mich verachten müsste. Doch wird diese kleine Kränkung, wiewohl sie mich ein wenig betroffen machte, mir nicht Anlass geben zur Entfremdung, sondern ich werde fortfahren, Euch zu lieben und in guten Treuen Euer Freund zu sein, ja ich vertraue sogar so auf die Gegenseitigkeit dieses Wohlwollens, dass ich jetzt, weil unruhige Köpfe unsere Sakramentslehre geißeln, Euch diese kurze von mir herausgegebene Erklärung dieser Lehre überreiche, damit, wenn Ihr meine Schrift billigt, dies unsere Freundschaft noch mehr bestärke. Denn ich hielt es für Unrecht, mich von der Kirche, deren Diener ich einst war, zu trennen. So habe ich, was ich in Straßburg offen bekannte, und was die Billigung der frommen Knechte Christi, Capito und Butzer, gefunden hat, auch in dieser Schrift treulich zusammengefasst und dabei solches Maß gehalten, dass es jedenfalls auch Euerm Gerechtigkeitssinn genügt. Wenn ich erfahre, dass Euch dies mein Tun genehm gewesen ist, so habe ich Grund, mir Glück zu wünschen. Lebtwohl, Ihr trefflichen Männer und von Herzen verehrten Brüder. Der Herr sei stets mit Euch; er leite Euch mit seinem Geiste und segne Euer frommes Wirken und die ernste Gesinnung, die Ihr vor kurzem in lobenswertester Weise gezeigt habt.

Genf, 18. Januar 1555.