Auf die Inseln Olleron, Marennes und Alvert an der Westküste Frankreichs hatten sich verfolgte Evangelische geflüchtet; zu ihrer Organisation reiste Philibert Hamelin, der längere Zeit in Genf gelebt hatte, mit folgendem Brief Calvins zu ihnen.
Ratschläge zur Gemeindeorganisation.
Sehr liebe Brüder, wir wollen Gott dafür loben, dass er Euch trotz der Gefangenschaft, in der Ihr seid, Kraft gegeben hat zu dem Wunsch, ihm in reiner Weise zu dienen, da Ihr Euch mehr davor fürchtet, seiner Gnade verlustig zu gehen, als Euch den Gefahren auszusetzen, die Euch von der Bosheit der Menschen drohen. Der Bruder, der Euch diesen Brief bringt, hat uns nämlich erklärt, dass Ihr ihn aufgefordert habt, zu Euch zurückzukehren, wenn er könne, und dass Ihr auf jede Weise ermuntert und bestärkt werden wollt im evangelischen Glauben, und tatsächlich ist das ja heute nötiger als je. Es erübrigt nur, dass dieser schöne Eifer bei Euch festbleibe, damit Ihr standhaft fortschreitet auf dem Weg zur Seligkeit. Den Mann selbst kennt Ihr ja, und wir unsrerseits zweifeln nicht daran, dass er sich bei Euch in aller Treue bemühen wird um Eure Erbauung, da er sich hier als ein gottesfürchtiger Mann erwiesen, unter uns fromm und untadelig gelebt hat und auch stets der guten, reinen Lehre anhing. Was nun den Rat angeht, den er in Eurem Namen von uns erbat, so scheint uns das die rechte Ordnung für Euer Vorgehen. Seid vor allem fleißig, Euch zu versammeln zu gemeinsamem Gebet, wie auch zur Belehrung und Ermahnung durch ihn oder andere, die Euch Gott geben wird und denen er die Gnade verleiht, Euch dienen zu dürfen. Fasst sodann Mut, Euch zu trennen vom Götzendienst und allem Aberglauben, der dem Dienst Gottes zuwiderläuft und dem Bekenntnis, das ihm alle Christen ablegen; denn dazu sind wir berufen. Wenn Euch Gott dann mit der Zeit so hat vorwärts kommen lassen, dass Ihr eine eigentliche kirchliche Körperschaft seid, die sich nach erwähnter Ordnung hält, und wenn eine gewisse Anzahl Leute da sind, die den festen Entschluss gefasst haben, sich von der herrschenden Verunstaltung der Kirche zu trennen, dann könnt Ihr auch den Brauch der Sakramente einführen. Doch sind wir durchaus nicht der Meinung, dass Ihr damit anfangen sollt, oder dass Ihr Euch beeilt, das heilige Abendmahl zu feiern, ehe eine bestimmte Ordnung unter Euch eingerichtet ist. Es ist tatsächlich besser, Ihr enthaltet Euch dessen noch, damit Ihr dadurch umso mehr den Antrieb habt, Mittel zu suchen, Euch dessen würdig zu machen. Nämlich, dass Ihr erstens, wie schon gesagt, Euch gewöhnt, Euch im Namen Gottes zu versammeln, und dadurch eins werdet wie ein Leib, und zweitens, dass Ihr Euch vom Götzendienst trennt, der nicht mit heiligen Dingen vermengt werden darf. Ja, es wäre sogar einem Menschen nicht erlaubt, Euch die Sakramente zu erteilen, wenn er Euch nicht anerkennen kann als eine Herde Jesu Christi und eine gewisse kirchliche Form unter Euch vorfindet. Indessen fasst Mut, Euch ganz dem Gott zu weihen, der uns so teuer erkauft hat durch seinen eigenen Sohn, und huldigt ihm mit Leib und Seele und zeigt, dass Ihr seine Ehre höher achtet als alles in der Welt, und die ewige Seligkeit, die Euch im Himmel bereitet ist, für wichtiger als dieses hinfällige Leben.
Damit, sehr liebe Brüder, will ich mein Schreiben schließen. Wir bitten Gott, der möge vollenden, was er unter Euch begonnen hat, er möge Euch zunehmen lassen an allen geistlichen Gütern und Euch in seiner heiligen Hut halten.
Den 12. Oktober 1553.
Unterschrieben in seinem und aller seiner Brüder Namen
Charles d´ Espeville.