Calvin, Jean – An Farel in Neuchatel (236).

Thomas Barbarin, Pfarrer von Neuchatel, war in Genf gewesen. De Falais war nun endlich von Basel weggezogen und hatte sich in der Nähe von Genf, in Veigy, niedergelassen.

Von der Schwäche der Gutgesinnten.

Barbarin könnte dir zwar über den Zustand unserer Gemeinde mehr erzählen, als ich eben zu schreiben Muße habe. Da er aber einen Brief mitnehmen wollte, konnte ich es ihm nicht abschlagen. Ich sehe, es gibt noch immer zu kämpfen, und es nimmt damit kein Ende, bis die Feinde einmal ganz geschlagen sind, deren Bosheit und Frechheit gleich unglaublich ist. Mut macht ihnen die Trägheit oder eher Feigheit derer, die für gutgesinnt gelten wollen. Denn in ihnen allen ist kein bisschen Beherztheit. So geben sie die Hoffnung auf, ehe sie die Heilung versucht haben obwohl sie das Recht und die Mehrheit auf ihrer Seite haben und das Volk ihrer Sache günstig gesinnt sein wird, wenns einmal zur Entscheidung kommt. Nun müssen wir fürchten, dass der Herr ihr Zögern einmal schon strafen wird; aber es nützt nicht viel, wenn wir ihnen das auch sagen.

Sonst ist nichts Neues zu melden, als dass neulich de Falais, als ich ihn besuchte, sagte, er fürchte, du hegest einen bösen Verdacht gegen ihn. Er erzählte mir nämlich, was du ihm in Morges gesagt hast über das Glaubensbekenntnis, das man ablegen müsse. Ich habe ihn von seiner Besorgnis befreit und gesagt, du habest wohl nur Bezug genommen auf die gegenwärtigen Zeitverhältnisse. Übrigens, dass er seinen Wohnsitz in einiger Entfernung von der Stadt genommen hat, geschah im Einverständnis mit mir, weil er kaum dazu zu bringen gewesen wäre, gleich direkt in die Stadt zu ziehen. Die Gewöhnung wird’s ihn dann schon eher lehren.

Lebwohl, bester Bruder und Freund. Der Herr sei mit dir und segne dein Wirken. Den Brüdern und deinen Angehörigen viele Grüße.

Genf, 10. Juli 1548.
Dein
Johannes Calvin.