Calvin, Jean – An Viret in Lausanne (174).

Pierre d´ Orsieres war ein vornehmer Genfer.

Gescheiterte Pläne für Viret.

Was ich dir schrieb durch den Seckelmeister, die Sache sei in Ordnung, hatte mir Pierre d´ Orsieres berichtet, den ich als Vermittler brauchte, weil ich ohne bestimmteren Auftrag [von dir] nicht selbst unterhandeln wollte. Als ich nun deinen Brief gelesen hatte, besuchte ich Vater und Tochter, ohne nur im Geringsten am weiteren Erfolg zu zweifeln. Sobald aber die Rede auf die Übersiedlung [nach Lausanne] kam, antwortete der Vater, das habe man ihm anders versprochen. Ich sagte, das sei ohne unser Wissen geschehen, ja ich habe sogar Pierre d´ Orsieres ausdrücklich gesagt, er solle nicht etwa solche Versprechungen als Lockmittel brauchen. Ich legte dar, wie unsinnig das wäre, wenn wir [Pfarrer] unsere Gemeinde verlassen und dahin ziehen wollten, wo unsre Frauen uns haben wollten; das gäbe eine unglückliche Ehe, die mit dieser Bedingung abgeschlossen würde; denn das wäre ein unfrommer Vertrag, der weder an dir noch an dem Mädchen ungestraft bliebe; zudem könne man es von dir niemals erreichen, dass du ein so böses Beispiel gäbest, deshalb sei es auch ganz umsonst, es zu verlangen. Ich fügte bei, Lausanne sei ja gar nicht so weit, dass nicht seine Tochter, so oft es nötig sei, zu ihm kommen könne. Übrigens sei es doch besser, täglich hören zu können, die Tochter sei anderswo glücklich, als beständig zu sehen und zu hören, wie sie jammere und klage über die schlechte Behandlung durch ihren Mann, wie er es an vielen sehen könne. Er bat um Bedenkzeit. Am dritten Tag darauf gab er mir die Antwort, er wolle doch seine einzige Tochter nicht anderswohin von sich schicken. Ich war wütend, dass wir so durch die Dummheit von Leuten, denen ich besseres zugetraut hatte, angeführt worden sind. Doch habe ich an mich gehalten und meinen Zorn schweigend verborgen. Bei dir brauche ich mich nicht des weitern zu entschuldigen, da ich ja ganz ohne Schuld daran bin. So wollen wir uns anderswohin wenden. Christophe sprach mir von einer Witwe, von der er versicherte, sie gefalle dir gut. Ist es so, so bin ich ruhig und höre auf. Wenn nicht, so melde mir, was du willst. Auch werden wir nächstens Botschaft von Straßburg bekommen. Lebwohl, bester Bruder und Freund. Grüße alle Kollegen freundlichst. Der Herr erhalte Euch alle gesund und leite Euch mit seinem Geist bis ans Ende.

Genf, 25. Juli.
Dein
Johannes Calvin.

Verzeih, dass ich dir durch Petronnelles Bedienten keinen Brief sandte. Ich damals nämlich noch keine sichere Kunde, d. h. es glühte noch ein Fünklein Hoffnung.

Calvin, Jean – An Viret in Lausanne (172).

Dominique d´ Arlot war mehrfach Syndic. Calvins Bruder Antoine und seine Frau, eine geborene Le Fert, hatten Calvin und Viret auf das Mädchen aufmerksam gemacht.

Weiteres über Virets Heiratspläne.

Vorgestern gegen Schluss des Essens kam die Rede auf deine Heirat, von der ich schon vorher gesagt hatte, sie sollte zustande kommen. Aber Dominique d´ Arlot dessen Hilfe ich dazu gebraucht hatte, unterbrach bald das Gespräch. Er sagte, die Sache sei schon ganz in Ordnung. Als das unser Perrin hörte, fuhr er vom Tisch auf und ließ nach seiner Art seinem Ärger freien Lauf. Am ganzen Körper bebend vor Aufregung rief er: „So heiratet er also eine Person aus einer Familie, deren man sich schämen muss? Konnte man in der ganzen Stadt keine aus besserem Haus für ihn finden? Wer ihm dazu geraten und geholfen hat, der ist ein Nichtsnutz und Bösewicht nach meiner Meinung!“ So musste ich denn wider Willen meinen Bruder und meine Schwägerin nennen. „Ich aber“, fuhr ich fort, „habe ihm freilich nicht den ersten Rat geben können, weil ich das Mädchen nicht kannte, aber dass ich Viret dabei geholfen habe, und zwar ganz hauptsächlich, muss ich gestehen. Übrigens steht es doch noch nicht so, wie Dominique gesagt hat, die Sache sei ganz in Ordnung, sondern ich bin nur soweit gegangen, dass ich nicht mehr zurück kann ohne Schande; aber dessen brauche ich mich nicht zu schämen.“ Da wandelte sich sein Zorn in Lachen. Er fing aber wieder an grimmig zu werden, weil du es ihm verheimlichst habest. Törichte Eifersucht vor allem brachte ihn auf, als Corne gestand, ihr hättet bei deinem Wegreiten miteinander von der Sache gesprochen. Er fuhr Corne an: „So, deshalb gab ich ihm mir dir das Geleit, dass er mich schimpflich aus seiner Beratung ausschloss? Wen hat er denn auf der ganzen Welt, der es treuer meint als ich? Ich zeigte ihm ja gern meine Liebe als mir selbst!“ Drauf antwortete ich, mit Unrecht urteile er so, da du ja nicht einmal Farel eröffnet habest, was du vorhattest. So ließ er sich wieder beruhigen, nur sprach er noch von der de la Rame und pries sie mit den wunderlichsten Lobsprüchen. Ich gab ihm in allem recht, blieb aber auf meinem Vorsatz des andern Mädchens wegen. Jetzt prüfe, ob es gut wäre, wenn du noch völlig frei nach Genf kämest. Es wird misslich sein, dich herauszureden, wenn sie fortfahren, die de la Rame dir aufzudrängen. Ich weiß wohl, wie gefährlich es ist, sein Wort zu geben, ehe man die Art des Mädchens selbst kennt. Ich bin ängstlich und setze mich gewiss nicht leichtsinnig über die Schwierigkeiten hinweg. Doch glaube ich, folgende Weise sei nicht ganz unsinnig. Ich werde in deinem Namen, wenn du willst, aber mit der Bedingung, dass, ehe die Verlobung stattfindet und von uns aus etwas Sicheres versprochen wird, du einmal das Mädchen sähest. Das soll so geschehen, dass man dich dabei nicht zu bedrängen wagt. Schreib also mit dem nächsten Boten, was du beschließest. Freilich rate ich dir gleich auch, es nicht lange hinauszuschieben und bald zu kommen. Über das Mädchen hören wir nichts, was uns nicht sehr wohl gefiele. Auch an ihrem Vater und ihrer Mutter ist nichts auszusetzen. Ich bin umso fester davon überzeugt, als ich sehe, dass auch die Gegner dieses Plans nichts hervorzuzerren haben, was uns irgendwie abschrecken könnte. An der de la Rame ist allerlei, was ich fürchte. Doch es geht dich an, da hast du die freie Wahl. Doch das gebe ich nie zu, dass irgendeinem Menschen auf der Welt deine Sache mehr am Herzen liegt als mir. – –

Lebwohl. Der Herr leite dich mit seinem Rat und segne dich bei dieser so wichtigen Entschließung. Grüße alle Brüder angelegentlich.

Genf [15. Juli 1546].
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Viret in Lausanne (171).

Vgl. 169. Das Mädchen, das Calvin Viret empfiehlt, ist nicht bekannt. Mit Perrin stand Calvin trotz der Tanzgeschichte nicht schlecht. Jean Petit ist ein Genfer Tuchhändler.

Calvin als Ehestifter.

Bedenke, was du tun willst, und schreibe bald, was du beschlossen hast. Je mehr wir nachfragen, mit desto mehr und desto bessern Zeugnissen wird das Mädchen gepriesen. So will ich nun ihres Vaters Willen erforschen. Sobald wir etwas Sicheres wissen, will ich dirs melden. Du halte dich unterdessen bereit. Perrin gefällt diese Heirat nicht, weil er dir die Tochter de la Rames aufdrängen möchte. Umso mehr treibt das mich an, rechtzeitig einen Schritt vorwärts zu tun, damit wir dann nicht ihm gegenüber um eine Ausrede verlegen sein müssen. Heute will er, soviel ich merke, mit mir darüber reden. Denn wir sind beide von Corne zum Nachtessen eingeladen. Ich will versuchen, unter einem höflichen Vorwand Zeit zu gewinnen. Es wäre wohl besser, du ließest mich um sie werben. Ich habe sie schon zweimal gesehen. Sehr bescheiden ist sie nach ihrem Gesichtsausdruck und im ganzen von merkwürdig schönem Wuchs. Von ihrem Benehmen reden alle so [rühmend], dass neulich Jean Petit zu mir sagte, er sei ganz verliebt in sie. Lebwohl. Der Herr leite dich mit seinem Rat und segne uns bei dem so wichtigen Vorhaben.

13. Juli 1546.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Farel in Neuchatel (170).

Michel Cop und Abel Poupin (vgl. 145) waren Kollegen Calvins in Genf; die Schauspieler verklagten Cop beim Genfer Rate wegen Beleidigung. Poupin war vom Rat zur Beaufsichtigung der theatralischen Aufführungen abgeordnet worden.

Weiteres vom Theaterspielen.

Es hätte wenig gefehlt, so wäre unser Theaterspiel zur Tragödie geworden. Als der Rat um meine Meinung darüber fragte, antwortete ich, ich werde nur nach gemeinsamer Beratung der Brüder Bescheid geben. Nachdem ich deren Meinung gehört, gab ich dem Rat die Antwort, aus vielen Gründen scheine es uns nicht gut, dass gespielt werde, und setzte zugleich die Gründe auseinander. Doch wollten wir nicht dagegen kämpfen, wenn der Rat die Erlaubnis gebe. Als der Tag der Aufführung bevorstand, fuhr Michael Cop in der Predigt wieder über die Schauspieler her (denn er hatte es schon einmal getan), war aber in diesem zweiten Angriff so heftig, dass gleich ein ganzer Auflauf zu mir entstand, großes Geschrei, Drohungen, und was nicht noch alles. Hätte ich nicht die Wut einzelner Leute ernstlich im Zaum gehalten, so wäre es zur Schlägerei gekommen. In einer zweiten Auseinandersetzung suchte er durch maßvolle Rede die erzürnten Geister wieder zu beschwichtigen, denn nach meinem Urteil sei [Cop] sehr unvorsichtig gewesen, der zu unpassender Zeit so deklamiert habe. Mehr noch missfielen mir seine Ausfälle [gegen die Schauspieler]; denn auch den Inhalt seiner Rede konnte ich durchaus nicht billigen. Er verteidigte sich, er habe aber doch Recht; ich bestritt es standhaft. Es waren unter den Brüdern solche, die seinen Trotz noch begünstigten. Gegen neun Uhr abends wurde mir gemeldet, etwa hundert Ratsherren wollten morgens früh im Rathaus zusammenkommen. Sofort ließ ich die Brüder einberufen; wir beschlossen Cop zu begleiten. Man ließ ihn aber kaum mit mir über die Straße gehen. Ich führte ihn aufs Ratshaus und ließ unterdessen auch die andern dorthin entbieten. Die Ankläger weigerten sich, in unserer Gegenwart zu reden; sie hätten nichts mit mir zu schaffen, und dächten zu ehrerbietig von mir, als dass sie mit mir streiten wollten. Ich blieb hartnäckig dabei, es sei unsere gemeinsame Sache, bis erwiesen sei, dass Cop in seinem Amt gefehlt habe. So befahl man uns beiden abzutreten. Von der Gegenpartei gabs ein feindseliges Geschrei; man drohte, man hätte Cop totgeschlagen, wenn man sich nicht vor mir gescheut hätte. Um den Lärm zu stillen, wurde er nun auf dem Ratshaus festgehalten, doch mit Ehrerbietung. Am nächsten Tag legten wir mit Gottes Hilfe alle Händel bei. Denn Abel vermochte durch seine Beliebtheit, ich durch mein Ansehen viel bei den Schauspielern. Der Rat stand auf unserer Seite. Nur tat es mir leid, dass er nicht mehr Kraft und Mut zeigte; denn nach seiner Art ist er wieder zu ängstlich vorgegangen. Viret ist als Zuschauer dabei. Er ist auf unseren Wunsch wieder hierher gekommen, um unsern Tollkopf zur Vernunft zu bringen. – – Lebwohl, im Herrn geliebtester Bruder und bester Freund. Grüße alle Brüder angelegentlich. Von hier lässt niemand dich und sie grüßen, weil niemand weiß, dass ich dir schreibe, außer Nicolas, dem Schwiegervater meines Bruders, der eben dazu kommt. Der Herr stehe Euch stets bei und segne all Euer frommes Wirken.

Genf, 4. Juli 1546.

Calvin, Jean – An Herrn de Falais in Straßburg.

Der eingeschlossene Brief an Frau de Falais datiert vom 21. Juni. Herr de Falais hatte einen Rückfall seiner Krankheit gehabt. Non placet = Es gefällt mir nicht; ich willige nicht ein.

Frage nach einer Frau für Viret.

Monseigneur, Sie sehen am Datum des eingeschlossenen Briefes, wie lang er bei mir liegen blieb, seitdem ich ihn geschrieben, weil der Bote keine Gelegenheit fand, seines Amtes zu walten. Ich wollte Sie davon nur in Kenntnis setzen, damit Sie nicht etwa glauben, er habe ihn so lange in den Händen gehabt [ohne ihn abzugeben]. Wir sind sehr gespannt auf Nachricht von Ihnen des Gerüchtes wegen, das umgeht. Gott lasse es durch seine Gnade geschehen, dass Sie Grund haben, uns Freude zu machen. Da nun der Bote doch schon in Anspruch genommen ist, habe ich mich entschlossen, Monseigneur, ein Gesuch an Sie zu stellen. Sie wissen, dass unser Bruder Viret eine Frau bekommen sollte. Ich bin darum ebenso besorgt wie er. Nun finden wir zwar Frauen genug hier, in Lausanne und in Orbe; aber es ist darunter noch keine, mit der ich ganz zufrieden wäre. Da wir nun darüber beraten, möchte ich Sie bitten, falls Sie in Straßburg eine bemerkt hätten, die Ihnen für Viret passend schiene, es mir gefälligst zu melden. Ich wollte mich an niemand wenden als an Sie, da nicht alle die Klugheit haben, die es dazu braucht. Sie könnten mir freilich einwenden, ich müsste in Straßburg doch mindestens eine kennen; aber ich möchte doch kein Wörtlein wagen, ehe ich Ihr Urteil habe. Sie können es in ein Wort fassen; dann schweigen Sie, so halte ich das für ein Non placet. Ich habe nicht gezögert, in dieser Sache, so heikel sie ist, mich gerade an Sie zu wenden, denn die Notwendigkeit wird mich entschuldigen, selbst wenn ich zudringlich schiene, da es niemand anders gab, dem ich mich hätte anvertrauen mögen, und da ich denke, Sie hätten damit wohl nicht verschont bleiben wollen, weil Sie ja wohl wissen, wie wichtig für die Kirche Gottes die Heirat eines solchen Mannes ist. Freilich möchte ich Sie nicht damit belästigen, für ihn zu werben, falls sich in Straßburg eine Partie für ihn fände. Aber Ihren Rat einzuholen, diese Freiheit werden Sie mir, denke ich, gestatten. Indem ich mich nun, Monseigneur, Ihrer Gunst in dem Grad, wie ich Sie liebe, empfehle, bitte ich den lieben Gott, stets für Sie so zu sorgen und Sie so zu führen, dass Sie mehr und mehr seiner Ehre dienen.

Genf, 4. Juli [1546].
Ihr Diener, ergebener Bruder und guter Freund
Johann Calvin.

Ambrosius Blarer an Heinrich Bullinger, 3.7.1546

„In Summa, wir werden Leute genug haben. Es soll, hoff ich, den Pfaffen der Brei recht gesalzen werden, und der Hagel, den sie lang gesotten haben, sie selber treffen. Wolle Gott der bübischen Mörderei bald ein Ende machen.“ „Selbst in Italien sind bedeutende Leute unsere Kundschafter, die dem Papst gern ein Feuer in Italien anzündeten; denn es ist ihm Niemand hold, dem Teufelskopf.“

Calvin, Jean – An Farel in Neuchatel (168).

Im Mai 1546 wollte auswärtige Schauspieler in Genf ein Theaterstück mythologischen Inhalts geben. Da es ihnen verboten wurde, schlugen sie ein anderes, betitelt: „die Taten der Apostel“ vor, das dann am 4. Juli gespielt wurde. Christophe Fabri war von Thonon nach Neuchatel gewählt worden.

Vom Theaterspielen.

Ich wünsche dir und Viret Glück, da der Herr Euch bei Eurer frommen Gesandtschaftsreise gesegnet hat. Möchte nun nur auch der Erfolg bei den Tyrannen entsprechen! Doch der Herr wird auch das regeln. Hier haben wir nichts Neues, als dass die zweite Komödie bereits vorbereitet wird. Wir haben bezeugt, dass auch diese Aufführung unsre Billigung durchaus nicht habe, wollten aber nicht bis zum äußersten dagegen ankämpfen, weil Gefahr bestand, unser Ansehen könnte geschwächt werden, wenn wir allzu hartnäckig dagegen kämpften und schließlich doch unterlägen. Ich sehe ein, dass man den Leuten nicht alle Ergötzlichkeiten verweigern kann. Daher ists mir genug, wenn sie merken, dass ihnen das, was ja nicht so ganz unsittlich ist, wenn auch ungern, zugestanden wird. – – Lebwohl, liebster Bruder und Freund, samt unserm guten Bruder Christophe und allen seinen und deinen Angehörigen. Der Herr leite und behüte Euch alle.

Genf, 3. Juli.
Dein
Johannes Calvin.