Luther, Martin – An Jacob Probst. (1544)

Gnade und Friede im Herrn. Nur kurz, mein lieber Jacob, will ich schreiben und damit es nicht scheine, als ob ich euch vergäße und versäumte. Ja ich bin müde, matt und kalt – ein alter unnützer Mann. Ich habe meinen Lauf vollendet: es bleibt mir noch, daß Gott mich zu meinen Vätern versammele und der Verwesung und den Würmern auch ihr Theil gebe. Ich habe genug gelebt, wenn das ein Leben war. Betet für mich, daß die Stunde meines Scheidens Gott gefällig und mir heilsam sei. Mich kümmert der Kaiser und das ganze Reich nichts, außer daß ich es in Gebet Gott empfehle. Auch für die Welt scheint mir die Stunde des Scheidens gekommen und, wie der Psalm sagt, alt geworden zu sein, wie ein Kleid, um bald erneuert zu werden, Amen. Bei den Fürsten ist nicht mehr der Muth und die Tugend von Helden, nur unseliger Haß und Zwietracht, Habsucht und Eigennutz. So hat der Staat keine Männer mehr und es geschieht was Jesaias im dritten Capitel geweißagt hat. So ist denn auch nichts Gutes zu hoffen, außer daß der Tag unseres großen Gottes und unserer Erlösung endlich anbrechen möge.

Meine Tochter Margaretha dankt euch für euer Geschenk. Sie hat krank gelegen mit ihren Brüdern, aber jene sind schon lange wieder gesund und sie hat noch ein hartes und hitziges Fieber nun fast an die 10 Wochen und noch kämpft sie zweifelhaft mit dem Leben und der Krankheit. Ich wollte Gott nicht zürnen, wenn er sie fortnähme aus dieser teuflischen Zeit und Welt, aus der er auch mich und alle die Meinen bald erlösen mag. Darnm sehne ich mich nach jenem Tag und nach dem Ende der Wuth des Satans und der Seinen. Gehabt euch wohl im Herrn Jesu Christo. Grüßet die Euren und euch selbst im Namen meiner Käthe und unsrer Aller. Betet für uns. Am 5. Dec. 1544.

Euer Mart. Luther

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867