Sonders vertrauter, günstiger, lieber Herr und Bruder. Ich kann Euch in der Eil dannoch nit verhalten, daß auf Sonntag nächst vor dato ein Götzentag hie zu Urach gehalten worden, uff welchen von meinem gnädigen Herren beschrieben worden der Brenz, Doctor Pauls Phygio zu Tüwingen, Maister Caspar Greter, Pfarrer zu Herrenberg, Maister Mattheus Alber zu Reutlingen, Maister Erhart Schnepf und ich, auch ist Maister Wenz, Prediger hie zu Aurach auch dabey gewesen. Da hättet ihr Wunder gehört! Wir haben den ganzen Sonntag Morgens und Nachmittag Gespräch gehalten, in Beiseyn der verordneten Räth, nämlich des Marschalls, Balthiß von Gültlingen, Doctor Knoders auch Doctor Philipp Langen, aber uns nit vergleichen mögen, also daß die Räth leztlich begehrt, daß jeder seine Meinung in Schrift vergreifen, und aber all andern Umständ fallen lassen und allein schlecht und grad uff diß Frag Antwort stellen wollte: Ob unser gnädiger Fürst und Herr möge all Bildnisse dieser Zeit uss den Kirchen räumen lassen, welches also geschehen auf MOndtag, daß jeder insonderheit seine Meinung den Räthen übergeben hat. Wird man hochgemeldt meinem gnädigen Herren fürbringen, was dann sein Gnad weiter fürnehmen, wird sich in kurzem wohl erscheinen. Es ist doch ein große Straf und Plag über uns, daß wir so viel wichtiger Sachen auszurichten hätten und aber mit solchen Kindswerk umgond (umgehen) und daß die stummen Götzen ein solch Geschrey sollen machen. Der lieb Gott erbarm sich über uns, verleih seiner heiligen Gemeind Fried, Liebe und Einigkeit, Amen. Wöllet solches meinen lieben Herren und Brüdern, M. Jacob Ottern und Herrn Steffan auch anzeigen rc. und ihres Fürbitts für mich begehren. Datum zu Urach uff den XII. Septembris Anno 1537.
Ambrosius Blaurer
Denkwürdigkeiten der Würtembergischen und Schwäbischen Reformationsgeschichte
J. C. Schmid und J. C. Pfister
Tübingen
bei Heinrich Laupp
1817