6. Mai 1533
Gnade und Friede. Ehrbare, tugendhaftige Frau. Euere Schrift der fünfhundert Gulden halben, so man sollt‘ zu Linz auf nächstvergangenen Osteren empfangen haben, ist mir zu spät kommen. Nichts desto weniger habe ich euerer Bitte nach Martin Seldener zu Nürnberg durch Herrn Lazarum Spengler lassen bitten und vermahnen, daß er’s noch wollte fordern und empfahen mit Verschreibung, wie sich’s gebührt, uns gen Nürnberg schaffen. Wiewohl ich’s gern gesehen, als ich auch vorhin geschrieben, ihr hättet es selber hereingeschafft, auf’s allergewisseste ihr könnt hättet; weil ich auch vermerkt aus euerer Schrift, daß es euch baß gefällt, solch Almosen von Hand aus zu geben armen Studenten, denn auf Zins anlegen; wo ihr auf der Meinung bleibt, gefällt mir nicht übel.
Daß euch auch ein Prediger bekümmert hat eueres Sohnes halben und eines Richters, wie mir Herr Michel angezeigt hat, sollt ihr euch nicht bekümmern, noch irren lassen. Lasset sie mit einander in’s Recht treten, die Sache gehet euere Person nicht an; das Recht wird sie wohl scheiden und darf sich euer Gewissen Nichts damit beschweren.
Hiemit Gott befohlen sammt eueren lieben Kindern und allen den Euren, Amen. Datum Wittenberg den 6. Maji, 1533.
Euer williger
D. Martinus Luther,
noch halb krank.
Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe an Frauen als Pfingstgabe für die deutsche protestantische Frauenwelt. zusammengestellt von Dr. K. Zimmermann Darmstadt Buchdruckerei von Heinrich Brill 1854