Melanchthon an Luther.

Ich kann weder von den öffentlichen, noch Privatsachen das Geringste melden, weil wir schon viele Tage nach einander an einer Bereinigung arbeiten, und doch Nichts ausrichten. Sie dringen auf die Privatmesse, und bringen von andern Sachen Vorschläge auf die Bahn, welche anzunehmen gar nicht rathsam ist. Ich halte, Ihr habet solche aus meinem vorigen Schreiben schon ersehen; indessen werfen sie auch mit schrecklichen Drohungen um sich. Ob ich mir nun wohl aus der Gefahr, darin ich schwebe, Nichts mache: so ist mir doch manchmal die große Schwachheit unserer Fürsten bedenklich. Bielleicht aber ist Alles zu Ende, ehe noch dieser Brief bei Euch anlangt. Denn der Bote zaudert; dann können sie sich jetzt nicht berathschlagen. Heute wurde eine Unterredung angestellt, da weder ich noch Pontanus wußte, was man handeln und vortragen würde. Fürwahr, diese Saumseligkeit und Zweifelhaftigkeit scheinet nicht weniger Bedeutung zu haben, als die Zeichen, die der Pöbel wahrgenommen. Der Herr Christus erlöse uns aus dieser großen Gefahr! Gehabt Euch wohl.

Den 26. Aug.

Quelle:
Philipp Melanchthon's Werke, in einer auf den allgemeinen Gebrauch berechneten Auswahl. Herausgegeben von Dr. Friedrich August Koethe Erster Theil Leipzig: F.A. Brockhaus 1828