Clarenbach, Adolf – An Johann von Kirspe

Sendschreiben von Adolf Clarenbach, der neulich zu Köln verbrannt wurde, aus dem Gefängnis geschrieben an den ehrwürdigen Vater Bruder Johann von Kierspe, Mönch zu Köln aus dem Predigerorden, über einige Artikel des Glaubens.

Alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, müssen Verfolgung leiden.

Dem frommen Leser.

Fasse guten Muth, wer Du auch seist, der Du Christo dich zugesagt hast. Er, der allerwachsamste Hirte verläßt Seine Heerde nicht. Ein so großer König und Triumphator, in dessen Hand die Herzen der Könige sind, wird seine Soldaten mit leichter Mühe beschützen. Es schadet ihnen weder Tod, noch Peinigungen, noch Bande. Es mögen die Sophisten schwätzen, es mögen die falschen Theologen ihre Stimme erheben, während die Gottlosen bis auf den letzten Mann zu Grunde gehen, wird Christus regieren, ja so regiert und triumphiert er schon in seinen Blutzeugen. Unter welchen der sehr ruhmwürdige Herr Adolf Clarenbach zugleich mit seinem Genossen Peter von Flisteden sowohl im Leben als im Sterben aus dem Heerlager seines Königes tapfer streitend den Sieg davon getragen hat. Dessen wahrhaft christliches Herz kann man aus folgendem Briefe, welchen er, wenngleich einem Feinde der Wahrheit, doch in sehr bescheidener Weise geschrieben hat, kennen und lieben lernen. Vernehmt denselben daher mit freudigem Geiste, und es gereue dich nicht, nach dem Beispiele jenes deinem Herrn und Heiland durch dessen Gnade nachzuahmen. Lebe wohl.

Seiner Ehrwürden, dem Vater und Bruder Johann von Kierspe, Predigermönch zu Köln.

Jesus Emmanuel.

Heil von Christo, dem Herrn über Alle. Großen und ungemeinen Dank statte ich Deiner werthen Person ab, verehrungswürdiger und menschenfreundlicher Mann (vergelten kann ich in der Gegenwart nicht, weshalb Christus, der alles vermag, vergelten möge), weil Du Dir meinetwillen so viel Mühe gegeben hast, der ich in Verachtung und Niedrigkeit im Namen Christi um Christi willen, wie ein Schaf, welches zur Schlachtung bestimmt ist, gefangen gehalten werde. Denn Du zeigst, daß Du einen beträchtlichen Theil beider Testamente von Neuem aufgeschlagen hast außer der übrigen Arbeit, die Du auf Durchsicht der Werke der Gewährsmänner und auf die Abfassung Deines Schreibens verwandt hast. Jedoch zur Sache. Zum Ersten handelst Du auf vielen Seiten nichts anderes ab, als daß Du beweisest, daß nicht jedes Schwören von Gott verboten sei, was ich niemals geläugnet habe, da ich vielmehr von Anfang meines Trauerspiels an offen und frei dieses in Gegenwart Ew. Hochwürden und öffentlich und privatim, wie dieses Euer Brief auch gesteht, behauptet und bekannt habe, daß das Schwören erlaubt sei, wo dasselbe sich auf die Ehre Gottes oder auf die Liebe des Nächsten beziehe. Wozu dient es daher, lieber Mann, so viel Mühe vergeblich unter so vielen und großen Beschäftigungen, durch welche Du nicht bloß täglich sondern stündlich in Anspruch genommen bist, anzuwenden und wie man zu sagen pflegt, das Abgemachte noch einmal vorzunehmen.

Sodann, nachdem es endlich zur Sache kommt, nämlich Du beweisen willst, daß ein Gefangener in seiner Privatsache schwören müsse, verlierst Du gänzlich und in dem Grade die Partie, daß ich allein daraus, wenn nichts anderes mir zu Gebote stände, den Beweise entnehmen könnte, daß ich in dieser Sache zur Eidesleistung nicht verbunden sei. Weil solches also ein durchgebildeter Theologe nicht beweisen kann (wie aus Deinen Schriften sonnenklar für die Aufmerksamen hervorgeht) wer wird es, sage ich, läugnen können, daß es etwas frivoles sei? Es steht schlecht um eine Sache, welche von den tüchtigsten Personen nicht vorgenommen und behandelt werden kann. Denn zuerst, da Du das Dir vorgenommene Thema zu beweisen unternimmst, bemühest Du Dich mich jene schmutzige und schändliche Selbstliebe zu lehren, ein Laster, welches auch die besseren Heiden verabscheut haben, gegen die ganze heilige Schrift, welche ja nichts anders lehrt, als daß wir die Liebe zu uns selbst daran geben und uns zu der Liebe Gottes stärken sollen? Das kannst Du nicht läugnen, wenn Du jenes einige Haupt von uns allen Jesum Christum hörst, da er schreibt: Du sollst lieben den Herrn Deinen Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüth und aus allen Kräften und Deinen Nächsten, als Dich selbst. In diesen zweien Geboten hanget das ganze Gesetz und die Propheten. Wenn aber die Liebe zu Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüth und aus allen deinen Kräften sein wird, so wird von der Selbstliebe nichts übrig bleiben was derselbe Herr Christus an einem andern Orte mit andern Worten folgendermaßen ausspricht: Wer mir – so sagt Er, – nachfolgen will, der verläugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach. Darauf geht auch das Wort Pauli an die Römer: Unser keiner lebt ihm selber und unser keiner stirbt ihm selber, leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Dies in der Kürze soweit es sich auf Gott den Allerhöchsten bezieht. Laß uns nun den Nächsten in’s Auge fassen: Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst. Hier wägt und schätzt und mißt er die Liebe des Nächsten nach der Selbstliebe, oder nach der Aehnlichkeit der Liebe, welche der Mensch gegen sich selbst hat; denn er sagt nicht, du sollst dich selbst lieben wie den Nächsten, sondern, du sollst den Nächsten lieben, wie dich selbst. Wie aber liebst du dich selbst? Indem du alles Schädliche und Widerwärtige auf jegliche Weise abweisest, meidest und fliehst, alles aber, was Vortheil und Nutzen bringt, auf jegliche Weise erstrebst und demselben nachjagst und indem du, wie man sagt, mit Händen und Füßen dich bemühest, es zu erhalten. In allem diesem suchst du das deine. Siehe, so sollst du den Nächsten lieben, nämlich, daß du alles Schädliche und ihm Widerwärtige auf jegliche Weise in seinem Namen abweisest, vermeidest und fliehst, und ebenso alles, was Vortheil und Nutzen bringt, auf jegliche Weise für ihn begehrest, suchest und mit allen Kräften dich bemühst, daß er es erlange. Wenn du das thust, mußt du nothwendig die Selbstliebe bei Seite setzen. So weit ists davon entfernt, daß die Selbstliebe vorgeschrieben sei, vielmehr es ist vorgeschrieben, daß ich mich nicht liebe. Damit du aber nicht sagest, dies sei von mir erdichtet oder erdacht, so höre jenen Apostel von Tarsus, der nicht bloß an einer Stelle gleichsam zusammenfassender und kürzer, aber nach demselben Sinn das Gebet Gottes erklärt, wenn er spricht: Niemand suche das Seine, sondern das, was des Andern ist. Ebenso: Jeglicher sehe nicht auf das Seine, sonder das, was des Andern ist. Ebenso: Wer den Nächsten liebt, der hat das Gesetz erfüllet. Und damit dies so deutlich als möglich erscheine, bestätigen wir es durch Beispiele aus beiden Testamenten. Hat Moses, jenes Vorbild Christi, das Seine gesucht, als er begehrte von Gott aus dem Buch des Lebens getilgt zu werden, um das Heil des Volkes willen? Hat der Herr Christus sich und das Seine gesucht, welcher, da er doch der allmächtige Herr und selbst Gott war, für uns Mensch geworden ist, ein Knecht Aller, ein Fluch und der Elendeste von Allen? Siehe, so befiehlt er uns bei Johannes, daß wir uns untereinander lieben: Also liebt euch, spricht er, untereinander, wie ich euch geliebet habe. Hat endlich jener Apostel Paulus das Seine im Auge gehabt und gesucht, als er begehrte, verbannt zu sein für seine Verwandten die Juden? Ist aus allem diesem noch nicht klar, was der Apostel an die Corinther schreibt, nämlich: Die Liebe sucht nicht das Ihre? Ist es, sage ich, noch nicht völlig klar, daß das noch nicht Theologen seien das ist, die da suchen, was Gottes ist, sondern Anthropologen (damit ich mich inzwischen ein wenig der griechischen Sprache bediene) das ist Menschenweisheit suchende, die der Meinung sind, daß Selbstliebe die eigentliche Liebe sei? Denn was hat die rechte Liebe mit der Selbstliebe gemein? Ferner, wenn ein Mensch aus Liebe sich selbst lieben kann, so darf auch die Liebe das Ihre suchen. Wenn sie aber das Ihre suchen darf, so wird sie auch bisweilen das Ihre suchen (und es muß, wie Du selbst ohne Scheu hinzufügst, der Mensch sich selbst lieben, ja sogar sich selbst mehr lieben, als den Nächsten). Die Liebe sucht also das Ihre, und die Liebe sucht nicht das Ihre. Von diesen beiden Sätzen ist einer von beiden falsch, weil sie sich widersprechen. Wenn aber der Satz „die Liebe sucht nicht das Ihre“ wahr ist, so ist der Satz falsch „die Liebe sucht das Ihre.“ Siehst Du wohl, bester Mann, daß man nicht auf irgend eine Weise scherzen darf mit göttlichen Aussprüchen? und daß man sie nicht anders drehen darf, als wie sie liegen? Sonst wird es geschehen, daß derjenige, welcher sie misbraucht, von ihnen selbst der größten Gottlosigkeit angeklagt, gezwungen wird, zwei einander widersprechende Grundsätze zu gleicher Zeit (was auch bei den Sophisten den größten Schimpf bring) anzunehmen. Durch dieses Mittel also (isthoc medio), wenn irgend etwas falsch und der Lehre Christi und der Apostel ganz und gar widersprechend ist, kannst Du mir als einem Laien und Gefangenen nicht nur nicht beweisen, daß ich in einer Privatsache schwören müsse, sondern Du beweisest gerade in dieser Sache auf vielfache Weise, daß der Eid nicht geleistet zu werden braucht. Wenn du aber am Schluß sagst, auch die Liebe verlange es, so ist das falsch. Denn dieses Eid schwören ist ganz ungewöhnlich, und weil es von einem Gefangenen in seiner eigenen Sache gefordert wird, auch der Welt verdächtig, geschweige den Christenmenschen; ja sogar der Kaiser mit den Seinigen lacht über einen solchen Eid, als eine Lüge und rümpft (wie man sich ausdrückt) die Nase darüber. Aber dergleichen zu thun, was allen verdächtig, und für eine Lüge gehalten wird, das heißt die Liebe stark verletzen; man darf also nicht sagen, es verlange es die Liebe. Was Du übrigens anführst vom Eid der Verläumdung, und über Reinigung vom bösen Gerücht, bringt nichts zu Wege, als daß für den Eid der Verläumdung bei den leichtsinnig processirenden und im Stande der Freiheit vor Gericht handelnden von dem Kaiser im vierten Brief der Institutionen und im Rechtsbuche (d. h. dem corpus juris) eine Strafe festgesetzt worden ist. Und ich kann nicht durch einen solchen Eid mich vom bösen Gerücht reinigen, da er dem Verdachte unterliegt. Möge derjenige mich vom bösen Gerüchte befreien, der dies nach dem Recht thun muß. Derjenige aber ist rechtlich dazu verpflichtet, der mir durch seine äußerst unverschämten Lügen dasselbe erzeugt hat,, was der Herr sehen und richten möge1) Endlich, daß solche Art von Eiden den Christen von Christo verboten und diese nicht zu leisten sind, will ich mit wenigen und kurzen Sätzen und Zusammenfassungen aus Christi Lehre zeigen. Weil Du es mir neulich im Gespräche verneintest, so schreibe ich zunächst vorher die Worte Christi selbst, aus welchen der Beweis geliefert wurde, aus dem fünften Capitel des Matthäus ab, damit es einleuchtend sei, wie ich nicht etwas, das falsch ist, vorgebracht habe. Christi Worte sind aber nach der Uebersetzung des Erasmus folgende: Ihr hab gehört, daß zu den Alten gesagt ist „du sollst nicht falsch schwören, sondern du sollst dem Herrn, was du geschworen hast, halten.“ Ich aber sage euch: „Ihr sollt ganz und gar nicht schwören, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist sein Fußschemel, noch bei Jerusalem, denn sie ist eines großen Königs Stadt. Auch sollst du nicht bei deinem Haupte schwören, weil du auch kein einziges Haar weiß oder schwarz machen kannst. Aber eure Rede sei ja, ja, nein, nein, was hinzugefügt wird, kommt aus dem Uebel.“ Hieraus folgere ich, wo die Christen schwören und nicht schwören sollen, auf folgende Weise. 2).

  1. Matth. 5. unser Herr Christus, und Jacob inn seiner epistel am 5. cap. gebieten den Christen, das sie inn keinen weg schweren sollen, und nemen hinweg alle die macht und gebrauch der alten zu schweren.
  2. Der Herr Christus aber selbs und seine Apostel, und S. Paulus sonderlich, haben oft (wie man lißet) geschworen; thun sie anders dann sie leren? das sey fern.
  3. Derhalben muß man sehen, in welchen weg sie selbs schweren, und warumb sie gebieten, gar nit zu schweren.
  4. Nun lißet man an keinem ort, das sie geschworen haben, da es nit fürnemlich die ehre Gots, darnach die liebe, zu not und nutz des nehsten, betreffe.
  5. Darumb mögen auch die Christen nach dieser weiß und exempel schweren, ja sie sein es auch schüldig, und thun auch wol daran, und auff diese weiß wirt der alten macht und gebrauch zu schweren bestimmet, und sein selig alle die bei im schweren, wie im psalter steht.
  6. Derhalben wo es die ere Gottes, und die liebe des nehsten nit betrifft, sollen die Christen aller ding nit schweren, nach dem gebot Christi Matt. 5 und Jacobi am 5. cap. sonder yhr wort sollen sein ja ja, nein nein.
  7. Wo es aber uns selbs betrifft, da ist offenbar, das es nit die ere Gots, noch die liebe rc. antrifft.
  8. Darumb wa es uns selbs antrifft, da hat uns Christus gebotten, das wir aller ding nit schweren sollen, dann allein ja ja, neyn neyn sagen.
  9. Nun inn dieser meiner handlung (wiewol ungewönlich den gfangnen zu schweren ist, dannoch ich des angelangt werd von den geistlichen) trifft der eid mich selbs an, nemlich das ich dadurch meiner gefengnus entledigt werd, als die ketzermeister einmal oder drei selbs bekant und gesagt haben, nemlich, ich mög dieser gfengnus nit entledigt werden, wo ich nit den eid thun wöll, und kunden dannocht nit beweisen, das ein ley und gefangner solchen eid thun söll, oder schüldig sei zu thun.
  10. Derhalben inn dieser meiner handlung muß ich nit schweren, so fern ich gegen das gebot unsers Herrn Jesu Christi nit handlen wil, das ich nit thun sol, so lang Christus bei mir wirt sein mit seiner gnad (on welche wir nicht gutts vermögen) und solt ich darumb sterben,
  11. Dann man muß Gott mehr gehorsam sein dann den menschen. Act. 5.

Beschluß aller vorigen rede.

12. Wo es mich selbst antrifft, sol ich frei und offenlich on Eid die warheit sagen, nach dem gebott Christi Mat. 5

Aber wo es die glori Gottes, oder die liebe des nehsten rc. angehet, sol ich dieselbige mit Eid zu bevestigen nit weigern, nach Christi und der Apostel exempeln. So schweren die undersassen der Oberkeit, und also widerumb. Item, die gefangnen erledigt der gefencknuß thund urfrid3) rc.

Dies ist es, bester Mann, was ich zum Beweise meiner gegentheiligen Behauptung, obgleich ich rechtlich nicht dazu verbunden bin, da es Deine und der Deinigen Sache war mir gegen meine Einrede den positiven Beweis zu liefern, dennoch durch die Gnade unseres Herrn Jesu Christi vorbringen zu müssen geglaubt habe. Ich bitte, wenn bei Vergleichung mit der reinen und vollkommenen Lehre Christi etwas weniger angemessen gesagt sein sollte, daß Du dies mit einigen Worten wenigstens anzeigest, und ich werde mich nicht scheuen, alsdann dies sobald als möglich zu widerrufen, sei es auch vor den Augen aller Menschen. Endlich bemerkt Ew. Ehrwürden am Schlusse ihres Schreibens (an mich): Wenn ich in diesen Dingen Dir Genüge gethan habe, so beschwere es Dich nicht, in den einzelnen Artikeln meinen Irrthum mir anzuzeigen, was Du zu thun auch im Gespräche in meiner Gegenwart aus freien Stücken übernommen hast. Da ich aber in diesen Dingen Dir kein Genüge thun konnte, indem einerseits die sachlichen Gründe, andrerseits noch viel mehr die göttlichen Schriften mich drängten, so fürchte ich gleicherweise, daß auch Du jenem Geschäfte dich nicht besonders unterziehen werdest. Jedoch würde es mich auf besondere Weise freuen, wenn ich Deine Widerlegung, wie Du es in Aussicht stelltest, sehen könnte, nur daß sie etwas gewichtiger, und mehr als bisher mit den göttlichen Schriften gestärkt und befestigt wäre. Mein Plan war, Dir zuvor zu kommen, und meine Protestation aus hunderten von Stellen der canonischen Schriften zu bestätigen, welchen Plan ich durch die Gunst Christi noch nicht aufgegeben habe, wenn ihr nur zu Widerlegung derselben hervortreten und fortfahren würdet.

Gedenket wenigstens daran, daß die Schafe und die Kirche Christi auch allein Christi Stimme hören, und daß sie der anderen Stimme nicht nur nicht hören, sondern nicht einmal kennen, ja vor derselben fliehen. Gedenket auch dessen, was der Heiland bei Matthäus betont: Vergeblich dienen mir, welche Lehren und Gebote der Menschen vorbringen. Ebenfalls: Alle Pflanzung, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, soll ausgerottet werden. Lebe wohl in der seligsten Weise in Christo Jesu, dessen Gnade, Barmherzigkeit und Frieden ich wie Allen, so vor Allen Dir anwünsche. Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit euch Allen Amen. Nochmals lebe wohl und bitte unsern himmlischen Vater, daß er zur Heiligung seines Namens uns in dem rechten Glauben Christi und in ungeheuchelter Liebe täglich je mehr und mehr wachsen lasse, und uns bis zum Ende standhaft erhalte, was wir durch Seine Gnade kräftiglich hoffen.

Aus dem Gefängnis, am Festtage Johannes des Täufers4) 1528.

Wenn Du dies vorher durchgelesen hast, so theile es mit dem Vertrauen, mit welchem ich es Dir geschrieben habe, andern Gläubigen mit, und empfehle es, und was ich für Dich sowohl bei unserm Herrn und Bruder Christus und bei den Menschen vermag, darin halte Du mich für ganz bereitwillig. Darum aber wünsche ich, daß Du und die Deinigen Dich meinetwegen bemühen möchtest, damit dies mein Trauerspiel, dessen Verhandlung über alles Maß und gegen alle Sitte langwierig und langdauernd ist, sobald es nur geschehen kann, sei es ein fröhliches, sei es ein trauriges, Ende und Ausgang gewinne. Denn ich bin durch die Gnade des himmlischen Vaters und unseres Herrn Jesu Christi zu Beidem bereit, sei es Christum zu bekennen, oder dem sichern Tode anheimzufallen. Ich bitte daher, kommt mit Christo, kommt mich zu belehren aus den canonischen Schriften und meinen Irrthum anzuzeigen, von dem ihr so viel Aufhebens macht. Christi Schaf bin ich, obgleich unter allen das kleinste, verachtetste und geringste, aber ich bin doch Christi Schaf, weshalb ich des einigen Christus Stimme zu hören mich rühme.

Adolf Clarenbach
Gefangener im Namen Christi
Jesu Emmanuel.


1) Clarenbach bezieht sich hier wahrscheinlich auf die Anklagen des Fiskal Trip, welche er in dem Verhör als unverschämte Lügen bezeichnet. Vergl. Alle Acta.
2) Die folgende Passage ist aus dem Brief Clarenbachs an Klopris entnommen, den ich später ebenfalls abschreiben und hier einfügen möchte. Dadurch erklärt sich auch der Unterschied in der Sprache. In der mir vorliegenden Quelle fehlen zu diesem Brief in der Übersetzung die zwölf Punkte; stattdessen gibt es einen Hinweis: „Es folgen hierauf sämmtliche 12 Sätze, die in dem vorhin mitgetheilten Briefe Clarenbachs an Klopreis in deutscher Sprache gegeben sind. Wir lassen sie deshalb hier in der Uebersetzung des Schreibens an Romberch weg indem wir auf die obige Stelle hinweisen.“ So erklärt sich auch der sprachliche Unterschied
3) Urfrid, gewöhnlicher Urfehde, ist die eidliche Versicherung, daß man eine erlittene Vergewaltigung nicht rächen wolle. Eine solche mußten auch diejenigen leisten, welche aus dem Gefängnis entlassen wurden.
4) Hiermit ist nicht der Gedenktag der Geburt des Johannes (24. Juni) sondern der Gedenktag des Todes (29. August) gemeint.


Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins
herausgegeben von Prof. Dr. W. Crecelius
Neunter Band
Bonn 1873
In Commission bei A. Marcus