Luther, Martin – An Elisabeth, Agricola’s Eheweib

10. Juni 1527

Der ehrhaftigen und tugendsamen Frau Elisabeth Agricolä, Schulmeisterin zu Eisleben, meiner lieben Freundin.

Gnade und Friede, meine liebe Elsa! Ich hatte am nächsten Willen dir zu schreiben, aber Herr Matthes war weg, ehe ich’s mich versah: so acht‘ ich, dein Herr Magister sei auch wieder heimkommen, daß es, ob Gott will, besser mit dir sein wird. Du mußt aber nicht so kleinmüthig und zage sein, sondern denken, daß Christus nahe ist und hilft dir dein Uebel tragen. Denn er hat dich nicht so verlassen, als dir dein Fleisch und Blut eingibt. Allein rufe du nur mit Ernst von Herzen, so bist du gewiß, daß er dich erhöret, weil du weißt, daß es seine Art ist, helfen, stärken und trösten alle die, so sein begehren.

So sei nun getrost und denke, daß er selbst mehr und gar viel gelitten habe für dich, denn du immer leiden kannst, um seinet- und deinetwillen: so wollen wir auch bitten und bitten ernstlich, daß Gott dich in seinem Sohne Christus wolle annehmen und in solcher Schwachheit Leib und Seele stärken. Hiemit Gott befohlen, Amen. Grüße deinen Magister und alle die Deinen von aller unser wegen. Gegeben am Pfingstmontag, Anno 1527.

Martinus Luther

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe an Frauen als Pfingstgabe für die deutsche protestantische Frauenwelt. zusammengestellt von Dr. K. Zimmermann Darmstadt Buchdruckerei von Heinrich Brill 1854