Luther, Martin – An Leonhard Koppe in Torgau

Wittenberg, 17. Juni 1525

Gnade und Fried in Christo. Diesen Klagebrief und elende Schrift lasse ich euch lesen, Würdiger Vater Prior, ob ihr nicht Jemand wüßtet, der dazu helfen könnte; denn ich wohl besorge, es sei euer Person zu hoch und zu viel. Wo ihr aber nicht wisset, so schaffet mir den Brief wieder, daß ich anderswo suche Hülfe und Rath; denn es jammert mich der elenden Kinder.

Ihr wisset auch, was mir geschehen ist, daß ich meiner Metzen in die Zöpfe geflochten bin. Gott hat Lust zu wundern, mich und die Welt zu närren unf äffen. Grüßet mir euer Audi und schicket euch, wenn ich das Prandium ((Frühstück, hier das Hochzeitsmahl)) gebe, daß ihr meiner Braut helft gut Zeugniß geben, wie ich ein Mann sei. Hiemit Gott befohlen. Zu Wittenbarg am Sonnabend nach Trinitatis, Anno 1525.

Martinus Luther, D.

Deutsche Luther-Briefe
In Auswahl
von
J. Friz
Stadtpfarrer in Ulm
C. F. Amelangs Verlag
Leipzig
o. Jahr

Koppe ist der Torgauer Bürger, der die neun aus dem Kloster Nimdschen entflohenen Nonnen nach Wittenberg brachte (Ostern 1525) – darunter Katharina von Bora, Luthers spätere Frau. In dem Schreiben, das ihm Luther mit diesem Brief zuschickt, handelt es sich sicher auch wieder um hilfsbedürftige Nonnen, nicht um Kinder im wörtlichen Sinn. Vielleicht erklärt sich aus Koppes väterlichem Verhältnis zu den Klosterjungfrauen die scherzhafte Anrede „Vater Prior“.