Luther, Martin – An Georg Kunzelt, Pfarrer in Eulenburg (15.6.1520)

Heil! Was ihr verlangt habt, ehrwürdiger Vater, wie man eine Predigt anfangen und beschließen solle, das stimmt nicht zu dem, was andere im Brauch haben. Ich lasse die großen Eingänge hinweg und fange in kurzen Worten also an: „daß das Wort Gottes uns fruchtbar sei und Gott angenehme, so laßt uns zuvor seine göttliche Gnade anrufen und sprecht ein inniges Ave Maria oder Pater noster.“ Hernach lese ich gleich den Text ohne einen Hauptsatz und erkläre den David oder trage Lehren aus ihm vor. Am Ende sprech ich: „Davon ist genug, oder, ein andermal mehr, oder, das sei davon gesagt, wir wollen Gott anrufen um seine Gnade, daß wir das mögen thun, oder das helf uns Gott.“ Hernach in kurzen Worten: Lasset uns befohlen sein geistlich und weltlichen Stand, sonderlich :c. – für die und Alle, so wir schuldig sind, wollen wir bitten ein Vaterunser in gemein. Hernach, wenn Alle aufstehen, der Segen Gottes des Vaters rc. Amen.

Das ist meine Art zu predigen. Gehabt euch wohl im Herrn, am 15. Juni 1520.
Wittenberg.
Bruder Martin Luther.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867