Johann von Sachsen an Martin Luther, 11.5.1530

Johannes, von Gottes Gnaden, Churfürst rc.

Unsern Gruß zuvor, Ehrwürdiger und Hochgelahrter, lieber Andächtiger. NAchdem ihr und andere unsere Gelehrten zu Wittenberg, auf unser gnädiges Ansinnen und Begehren die Artikel, so der Religion halben streitig sind, in Verzeichniß bracht: als wollten wir euch nicht bergen, daß jetzt allhie Mag. Philippus Melanchthon dieselben weiter übersehen und in eine Form gezogen hat, die wir euch hierbei übersenden. Und ist unser gnädiges Begehren, ihr wollet Dieselben weiter zu übersehen und zu bewegen unbeschwert seyn. Und wo es euch dermaßen gefällig, oder etwas davon oder dazu zu setzen bedächtet, das wollet also daneben verzeichnen, damit man alsdann auf Kaiserl. Majestät Ankunft, der wir uns in Kürze versehen, gefaßt und geschickt seyn möge, und uns dieselbigen alsdann bei diesem bothen wohl verwahrt und verpetschaft unverzüglich wiederum anher schicken.

Von Zeitungen wissen wir euch nicht zu verhalten, daß uns von den Unsern, so wir jetzt zu Insbruck an Kais. Maj. Hofe haben, unter andern geschrieben ist worden, wie man in Vorhaben sey, zu Kais. Maj. Ankunft mit uns zu handeln, damit wir in der Kirchen, wie wir angefangen, nicht wollten predigen lassen, wie ihr die Meinnung aus eingelegter Verzeichniß ungefährlich werdet zu vernehmen haben. Und ob wir uns wohl hievor derwegen mit Bedenken verwahrt, so wollet uns gleichwohl auf den Vorschlag, so man uns allhie soll thun wollen, eurer Meinung jetzt auch zu erkennen geben, damit wir in dem vor Gott und unsers Gewissen halben recht thun. Daran geschieht uns zu gnädigem Gefallen. Datum Augsburg, Mittwochen nach Iubilate, anno 1530.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen II
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1835