Calvin, Jean – An Richard Vauville in Frankfurt.

Nr. 470 (C. R. – 2349)

Vauville, Pfarrer der französischen Gemeinde in Frankfurt a. M., starb im November 1555, so dass ihn wohl der Brief nicht mehr erreichte.

Kondolenzschreiben zum Tode der Frau.

Welch schwere, schmerzliche Wunde dir der Tod deiner lieben Frau geschlagen haben mag, das weiß ich aus eigner Erfahrung. Denn ich erinnere mich wohl, wie schwer es mir vor sieben Jahren wurde, einen ähnlichen Schmerz zu überwinden. Da du aber genau weißt, was das beste Mittel ist, maßloses Leid zu dämpfen, so brauche ich ja nur dich zu seiner Anwendung aufzufordern. Unter anderm kann dich das nicht wenig trösten, was freilich dem Fleische einen gesteigerten Schmerz bedeutet, dass du nämlich mit einer Gattin leben durftest, zu der du gerne zurückkehrst, um dich wieder mit ihr zu vereinigen, wenn du von dieser Welt scheiden musst. Deine Lebensgefährtin hat dir auch gezeigt, was ein frommes Sterben ist. Hätte ich irgendeinen Privatmann aufzurichten, so hieße ich ihn bei sich überlegen, was er seinem Schöpfer schuldig ist; denn wir betrügen Gott sündhaft um sein Recht, wenn nicht jeder von uns sich darein schickt, nach Gottes Willen zu leben oder zu sterben; du aber musst vor allem damit rechnen, welche Pflichten du noch in der Kirche Gottes zu erfüllen hast. Der Hauptgrund unseres Trostes aber liegt darin, dass durch Gottes wunderbare Vorsehung zu unserm Heile ausschlägt, was wir für Unglück hielten, und dass wir nur darum auf Erden getrennt werden, damit wir einst in seinem Himmelreich wieder zusammenkommen, und das wird auch dir in deiner Frömmigkeit Halt und Ruhe geben.

Da ich höre, der hitzige Streit in Eurer Gemeinde sei nun so gut wie beigelegt, so bemühe dich nun darum, dass nicht dunkle Spannung in den Herzen zurückbleibt, ich weiß wohl, das lässt sich nicht in einem Augenblick erreichen, aber strebe danach; die erbitterten Gemüter allmählich weicher zu stimmen, bis alles Ärgernis ganz verschwunden ist. Lebwohl, bester, liebster Bruder. Der Herr erleichtere dir das Traurige deines Wittwerstandes durch die Gnadengabe seines Geistes, er leite dich mit seinem Geiste und segne dein Wirken.

[Dezember 1555.]