Melanchton an den Senat von Torgau, 9.11.1555

Den Erbaren, weisen und frommen Herrn Burgermeistern und Rath der Stadt Torga, meinen günstigen Herrn.

Gottes Gnad durch seinen eingebornen Sohn Jesum Christum unsern Heiland und wahrhaftigen Helfer zuvor, Erbare, weise, fornehme günstige Herrn, Ich bitt E. Erbarkeit wollen an diesem meinen Schreiben kein ungünstig Mißfallen haben, Zeiger dieser Schrifft Hieronymus Steiger von Geyr ist Pastor gewesen der Kirchen zu Heiden bey Slakenwerd, und sampt vielen andern gottfüchtigen christlichen Pastorn in Behem vertrieben, ist also im Elend mit seiner tugendsamen Hausfrau, mit zween kleinen Kindlin, und suchet andre Dienst. Nu haben wir neulich Einem derselbigen verjagten, der in großer Armuth war, zu Dienst geholfen, Dieweil denn in Ewr Kirchen ein Diaconus anzunehmen, bitt ich um Gottes willlen, Ewr Erbarkeit wolle betrachten, daß mit solchen Verjagten christlich Mitleiden zu haben. Darum zeigt er sich demüthiglich an, und bitt E. Erbarkeit, wolle ihn zum Diaconat um Gottes willen annehmen. Diese seine demüthige Bitt wolle Ew. Erbarkeit nicht unfreundlich vernehmen, und Ihr ihn günstiglich lassen bevohlen sein. Gott bewahr Ew. Erbark., vnd die Euren allezeit gnädiglich, Dat. Leiptzik Nona Novbr. 1555.
E. Erbarkeit
williger
philippus Melanthon

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen VIII.
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1841