Luther, Martin – Dem ehrsamen und weisen Herrn Bürgermeister und Rath der Stadt Hervord in Westphalen, meinen günstigen Herren und Freunden.

Gnade und Friede in Christo. Ehrsame, weise, liebe Herren! Es ist an mich gelanget, wie man die Schwestern und die im Bruderhanse nöthigen will ihren Stand und Kleider zu verlassen und sich nach des Pfarrherrn und Predigers, Meinung begeben sollen. Nun wisset ihr ohne Zweifel, daß unnothige Verneuerungen, sonderlich in göttlichen Sachen, sehr gefährlich sind, weil die Herren nnd Großen ohne Ursach damit bewegt werden. Weil denn die Brüder und Schwestern (die bei euch das Evangelium erstlich angefangen) ein ehrbarlich Leben führen und eine ehrliche, züchtige Gemeinde haben, darneben das reine Wort treulich lehren und halten: ist meine Bitte, Ew. Würden wollten nicht gestatten, daß ihnen Unruhe und Erbitterung um dieser Sache willen widerfahre, daß sie noch geistliche Kleider tragen und alte löbliche Gewohnheiten, so nicht wider das Evangelion sind, halten. Denn solche Klöster und Brüder-Häufer mir aus der Maßen gefallen. Und wollte Gott, alle Klöster wären also, so wär allen Pfarrherrn, Städten und Landen wohl geholfen und gerathen. Hiemit Gott befohlen. Datum Wittenberg am letzten Januar im Jahr 1532.

D. Martinus Luther.
Eigenhändig und krank.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867