Luther an den Stadtrath zu Altenburg

27.5.1522

Gotts Gnade und Friede, Amen. Ehrsamen, weisen Herrn und lieben Freunde! Eur Schrift hab ich entpfangen und allenthalben vernommen, und ist mein Antwort die, daß ihr euren Sinn Gotte unterwerfet und nicht euch bekummert an diesen Anstoß; Gott will euch also versuchen. Es ist darumb noch nichts verdorben, es bleibe Gabriel oder nicht. Doch ich will an m. gn. Herrn noch einmal schreiben; indeß stehet ihr zufrieden und lasset die Sach ruhen, daß Gabriel dieweile bei euch bleibe und predige, daß ihr nicht ohne Predigt seid, bis daß ich euch einen andern angebe, und beruft euch uff mich und diese meine Schrift, also ihr meines gnädigen Herrn Befehl nach gehandelt und nach einem andern Prediger getracht habet, und desselbigen nach von mir gewartet Antwort und Rath. Wirdaber m. gn. Herr von ihm selb ein bestellen, ehedenn ich kunnt euch angeben, das lasset Gott walten, und bittet indeß Gott, daß sein Will geschehe in dieser und allen Sachen. Was ich ausrichte, sollet ihr mit andrer Botschaft erfahren. Hiemit Gott befohlen, Amen. Am Dienstage post Urbani 1522.

Mart. Luther.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Dritter Band.
Briefe vom Dezember 1520 – August 1522
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1889

Luther, Martin – An den Bürgermeister und Rath der Stadt Altenburg. 17. April 1522

Den Ehrsamen und Weisen, Bürgermeister und Rath der Stadt Altenburg, meinen besonder günstigen Herren und Freunden.

Gottes Gnade und Friede zuvor, und meine willige Dienste. Ehrsame, Weise, liebe Herren! Euer Schriften, nächst an mich gethan um eines Prädicanten willen, hab ich gerne empfangen, und mit Freuden eure christliche Begierde zum göttlicihen Wort vernommen. Darum ich auch willig, wie auch schuldig bin, euch hierinnen zu dienen und zu rathen, so viel ich mag. Es ist einer, der heißt Gabriel, jetzt zu Düben, der ist fast berühmt mit Verstande und Predigen, und auch nun wohl geübet: den wollt ich rathen und wünschen, daß ihr aufnehmet. Es ist aber eine kleine Scheue dran, daß er ist aus dem Orden getreten, und nun in weltliches Priesters Kleide geberdet; ist auch wohl noth und gut, daß er daraus kommen ist, daß man sein genießen könne zu vieler Seelen Heil. Wo euch nun dieser Scheusal nicht hinderte, wüßte ich den auf dießmal nicht zu verbessern. Und habe ihm davon geschrieben, daß er darauf sich zu euch füge, daß ihr ihn selbst besehet und versuchet. Wo der euch nicht gefiele, so sind noch zween andere weltliche Priester hier, auch wohlgeschickte Männer; mögen mir das E. Weisheit wieder kund thun, will ich sehen, daß ich zu dem einen euch helfe. Wo sichs auch fügen oder leiden wollte, sollte es meinethalben gar keinen Mangel haben, eurer Begierde nach selbst bey euch zu erscheinen. Wiewohl wenn ihr Gabriel habt, mein nichts dürfet. Hiemit Gottes Gnaden befohlen, der euch alle reich mache am Glauben und Liebe durch sein heiliges Wort, Amen. Geben zu Wittemberg am Grünen Donnerstags Anno 1522.

Martinus Luther.

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe, Sendschreiben und Bedencken, vollständig aus den verschiedenen Ausgaben seiner Werke und Briefe, aus andern Büchern und noch unbenutzten Handschriften gesammelt, kritisch und historisch bearbeitet von Dr. Wilhelm Martin Leberecht de Wette, Professor der Theologie zu Basel. Zweyter Theil. Luthers Briefe von seinem Aufenthalt auf Wartburg bis zu seiner Verheurathung Berlin, bey G. Reimer 1825