Calvin, Jean – An John Gray in England.

Lord John Gray, ein Onkel der enthaupteten Jane Gray, war als beinahe der einzige seiner Familie aus dem Tower entlassen worden. Immanuel Tremellius, ein bekehrter Jude, Professor des Hebräischen in Cambridge, war jetzt in Bern mit seinem Schwiegersohn, Antoine Chevallier.

Glückwunsch zur Bewahrung. Fürbitte für Tremellius und Chevallier.

Wenn es auch nicht anders möglich ist, hochedler Herr, als dass das Unglück deines Hauses, das allen Guten traurig und furchtbar erschien, dir eine sehr schwere, schmerzliche Wunde schlug und dir auch heute noch große Betrübnis macht, so habe ich doch das Vertrauen, dass du, wie es einem Christenmenschen ziemt, auch unter einer solchen Last der Versuchung ungebrochen und fest stehen bliebest und noch stehst. Denn wenn wir auch fromme Herzen zuweilen gar bei leichteren Ränken des Feindes infolge der Schwachheit des Fleisches schwer erschüttert sehen, so kommt doch der Glaube, der auf Christo ruht, nie ganz zu Fall. Und so zweifle ich nicht, dass auch du, von heftigem Sturm erfasst, aber im Himmel fest verankert, den Wogenschwall tapfer ertrugst und standhaft aushieltest, der dich sonst hundertmal hätte bedecken können. Noch Größeres aber steht dir bevor, nämlich unter dem Zeichen des Kreuzes Dienst zu tun bis ans Ende. Denn der Herr hat dich nicht für kurze Zeit in hartem Kampf geübt, damit du deinen hohen Mut beweisest; sondern damit du auch nach dem Fall, in dem dein großes, glänzendes Glück zusammenbrach, den übrigen Abschnitt deines Lebensberufs ruhig und gleichmütig durchwallest. Er wollte dich an das Gebot gewöhnen, das uns Paulus durch sein Beispiel vorschreibt [Phil. 4, 12], nämlich zu lernen, ebenso wohl niedrig sein als hoch sein. Wenn du nun auch in dieser Tugend, so selten und schwer sie ist Fortschritte machst, so ist dadurch alles reichlich aufgewogen, was du beim Schiffbruch deines Glücks verloren hast. Wenn ich auch den erlauchtesten Herzog, deinen Bruder, und deine Nichte, diese ausgezeichnete und ewigen Gedenkens werte Frau, glücklich schätze, weil sie ihre siegreichen Seelen im Tode in Gottes Hand und treue Hut legen durften, so war mirs doch unter all den Trauerbotschaften kein geringer Trost, zu hören, dass du, dem Rachen des Todes entrissen, uns erhalten bliebest. Den Schmerz über deinen uns fälschlich gemeldeten Tod haben mir Immanuel Tremellius und sein Schwiegersohn Antoine [Chevallier] zuerst gestillt, die, deine Freigebigkeit und die vielen Beweise deiner Freundlichkeit höchlich rühmend, den Sturz deines edlen Hauses die Ursache ihres persönlichen beklagenswerten Geschickes nannten. Unter anderem klagten sie, es sei ihnen beim ersten Ausbruch des Verfolgungssturmes ihr Hausrat weggenommen worden, durch dessen Verkauf sie ihre Not im Exil etwas zu lindern dachten. Jetzt, da du wieder in Freiheit gesetzt bist, bitten sie dich um deinen so oft erfahrenen, freundlichen Beistand, falls irgendwie Hoffnung und Möglichkeit besteht, die Mittel zu ihrem Lebensunterhalt, deren sie dringend bedürfen, wieder zu erlangen. Obschon sie freilich auch ohne meine Fürbitte durch ihre Gelehrsamkeit und Frömmigkeit zur Genüge empfohlen wären, so wollte ich ihnen im Vertrauen auf dein Wohlwollen gegen mich diesen Liebesdienst nicht weigern und zweifle nicht daran, dass du mir dieses Vertrauenszeichen gern verzeihst. Lebwohl, edler, erlauchter Mann und hochverehrter Herr. Gott, Jesu Christi und unser Vater, halte dich in seiner Hut, leite dich mit seinem Geiste, unterstütze dich mit seiner Kraft und mache dich reich an allem himmlischen Segen.

Genf, 13. November 1554.
Dein
Joh. Calvin.