Nr. 578 (C. R. – 2950)
Admiral Coligny war beim Fall von St. Quentin in Gefangenschaft geraten, in der er bis 1559 blieb; in diese Zeit, in der er auch durch Krankheit heimgesucht wurde, fällt seine Wendung zum evangelischen Glauben.
Gefangenschaft und Krankheit als Mahnung Gottes.
Monseigneur, ich hoffe, wenn Sie diesen Brief gelesen haben, der Ihnen bezeugen soll, wie sehr mir Ihr Seelenheil am Herzen liegt, so werden Sie es nicht unrecht finden, dass ich ihn geschrieben habe. Ich hätte damit nicht so lange gewartet, wenn mir schon früher die Möglichkeit, an Sie zu gelangen, wie jetzt gegeben worden wäre. Ich will mich nicht lange entschuldigen, da ich überzeugt bin, die Ehrfurcht, die Sie vor meinem Meister hegen, wird Sie gut heißen lassen, was, wie Sie sehen, von ihm ausgeht und ins seinem Namen Ihnen vorgelegt wird. Ich will auch keine langen Ermahnungen schreiben, um Sie in der Geduld zu stärken, da ich glaube und gehört habe, der liebe Gott habe Sie bereits durch die Kraft seines Geistes so stark gemacht, dass ich vielmehr Anlass habe, ihn zu loben, als sie noch weiter anzutreiben. Tatsächlich muss sich gerade darin der wahre Heldenmut zeigen, dass man alle seine Leidenschaften überwindet, nicht nur um dieses Sieges selbst willen, sondern um Gott wirklich das Opfer des Gehorsams zu bringen. Denn es genügt nicht, tapfer zu sein und nicht zu wanken und mutlos zu werden im Unglück, wenn wir nicht das im Auge behalten, uns in allem dem guten Willen Gottes unterzuordnen und uns ruhig damit zu begnügen. Da er Ihnen nun schon solche Standhaftigkeit gegeben hat, so tuts, wie man sagt, nicht not, Sie noch mehr zu ermahnen. Nur bitte ich Sie, auch noch weiter daran zu denken, dass Gott Sie, als er Ihnen diese Heimsuchung sandte, sozusagen beiseite nehmen wollte, damit Sie umso mehr auf ihn hören sollten. Denn Sie wissen wohl, Monsieur, wie schwer es ist, ihm mitten in der Ehre, dem Reichtum und der Gunst der Welt Gehör zu schenken; denn diese Dinge machen uns zerstreut und wie unaufmerksam, bis er irgendein solches Mittel braucht, uns zu sich zu ziehen. Nicht als ob Würden, hoher Rang und zeitliches Gut unvereinbar wären mit der Gottesfurcht, vielmehr je höher ein Mensch gestellt ist, umso mehr Gelegenheit ist ihm damit gegeben, seinem Gotte näher zu kommen, und umso mehr sollte er ihn ehren und ihm dienen; aber ich denke, Sie haben wohl auch schon die Erfahrung gemacht, dass die, die zu vorderst stehen in der Welt, davon so eingenommen und gleichsam gefangen sind, dass es ihnen Mühe macht, sich in Muße und mit bestimmter Absicht ihrer Hauptaufgabe zu widmen, die darin besteht, Gott seine Huldigung darzubringen, sich ihm ganz hinzugeben und nach dem ewigen Leben zu streben. Deshalb, Monsieur, bitte ich Sie, da Gott Ihnen nun diese Gelegenheit geboten hat, in seiner Schule zu lernen und Ihnen ganz persönlich etwas ins Ohr sagen will, so achten Sie darauf, damit Sie mehr als je merken, was seine Lehre wert ist und wie köstlich und lieb sie uns sein muss. Halten Sie auch eifrig daran fest, sein Wort zu lesen, damit Sie daraus Belehrung empfangen und lebendige Wurzel fassen im Glauben, so dass Sie für Ihr ganzes Leben gefestigt werden zum Kampf mit den Versuchungen.
Sie wissen, wie verderbt die Welt allenthalben ist, und umso mehr müssen sich die Kinder Gottes sorgfältig davor in acht nehmen, sich mit ihr zu vermengen, damit sie nicht befleckt werden. Tatsächlich ist ja heutzutage alles eher erlaubt, als in Reinheit Gott zu verehren, so dass Sie Ihre Pflicht ihm gegenüber nicht anders erfüllen können, als wenn Sie sich auf viel Tränen gefasst machen oder doch mindestens bereit sind, Murren und Drohungen zu ertragen. Aber doch muss es Ihnen als ein solches Vorrecht gelten, Gott zu verehren, dass alles andere daneben nicht viel gilt; seine Gnade ists wert, aller Gunst seiner Kreatur vorgezogen zu werden. Unser Vorteil ist es ja, dass, wenn wir schwach sind, er uns verheißt, mit seiner Kraft das zu ersetzen, was uns fehlt, wie es auch unsere beste Waffe ist, zu ihm unsere Zuflucht zu nehmen und ihn zu bitten, dass er unsere Kraft sei. Übrigens, Monseigneur, da die Ehre Gottes und was sein Reich angeht, allem andern vorangehen muss, so verlassen Sie sich auf die Verheißungen unseres Herrn Jesu Christi, dass alles übrige uns zufallen wird [Matth. 6, 33]. Zweifeln Sie nicht daran: wenn Sie sich in den Dienst Gottes stellen, werden Sie in jeder Hinsicht seinen Segen spüren und wird er Ihnen in der Tat zeigen, wie er für seine Kinder sorgt und ihnen gibt, was sie nötig haben, auch in diesem vergänglichen Leben. Umgekehrt gibt es auch kein wahres Glück ohne seine Gnade, und wenn die, die fern von ihm sind, meinen, alles gewonnen zu haben, so wendet sich ihnen schließlich alles zum Unglück. Da das unser menschlicher Verstand aber nicht leicht versteht, so müssen Sie sich üben im Lesen der Schrift, wie Sie es wohl bereits tun und gewiss gewillt sind, darin fortzufahren.
Damit, Monseigneur, empfehle ich mich ergebenst Ihrer Gewogenheit und bitte den lieben Gott, er wolle Sie behüten, Sie leiten durch seinen Geist, Sie stärken in aller Kraft und Ihnen bald die Freiheit wiedergeben, damit Sie ihm dafür danken können.
4. September 1558.