Melanchthon an den Rath zu Augspurg

GOttes Gnad durch seinen eingebornen Sohn JEsum Christum, unsern Heyland, und wahrhafftigen Helffer, und ein neu fridlich selig Jahr zuvor, Edle, Ernfeste, Weise, Fürnehme, Günstige Herren, ich hoffe, Es sind nun mehr beede Magister Petrus Kezman und Magister Georgius Melhorn mit GOttes Hilff zu Augspurg ankommen, welche von wegen ihrer Tugend, Lehr und Alters wohl zu gebrauchen seynd. Zaiger aber dieser Schrift ist Stephanus Agricola, des Ernwürdigen Doctoris Stephani Agricolä, etwa Predigers zu Augspurg, Sohn, und ist zu Augspurg gebohren, und ist Gottsfürchtig, wohlgelehrt, verständig, fridliebend, und mit vielen schönen Tugenden gezieret. Dieweil denn sein lieber Vater seeliger Christliche Lehr in euer Kirchen bey den ersten treulich gepflanzt hat, und er zu Augspurg geboren ist, hat er sich auf meine Vermahnung, dem Vaterland zu dienen, erboten. Nun zweifel ich nit, Euer Ernfest, und E. Weißheit werden befinden, das Verstand und Tugend in ihm ist: darum hab ich ihm Schrift geben, und bitt Ew. Ernfest und E. Wt. wollen ihn hören, und neben andern zum Predig-Amt gebrauchen, darinn er mit GOttes Hülff treulich und seliglich dienen wird. Der allmächtig GOtt, der ihm wahrhafftiglich ein ewige Kirche im menschlichen Geschlechte durch sein Evangelium sammlet wolle Euer Stadt, und Kirchen gnediglich regieren, und Euer Ernvest und Wt. und die Euern allezeit bewahren. Amen. Datum am zehenden Tag Decembris A. 1552 zu Torga

Euer Ernveste und E. Weißheiten
Williger Diener
Philippus Melanchthon

Ergötzlichkeiten aus der Kirchenhistorie und Literatur
Johann Georg Schelhorn
Achtes Stück
Ulm, 1763
Auf Kosten der Bartholomäischen Handlung