Melanchthon an den Rat zu Augsburg, 10.12.1552

Gottes Gnad durch seinen eingebornen Sohn Jesum Christum, unsern Heyland und wahrhaftigen Helffer, und ein neu fridlich selig Jahr zuvor. Edle, Ernfeste, Weise, Fürnehmer, Günstige Herren! Ich hoffe, es sind nunmehr beede Magister Petrus Kezmann und Magister Georgius Melhorn mit Gottes Hülff zu Augspurg ankommen, welche von wegen ihrer Tugend, Lehre und Alters wohl zu gebrauchen seynd. Zeiger aber dieser Schrift ist Stephanus Agricola, des Ernwürdigen Doctoris Stephani Agricolä, etwa Predigers zu Augspurg, Sohn, und ist zu Augspurg geboren, und ist Gottsfürchtig, wohlgelehrt, verständig, fridliebend und mit vielen schönen Tugenden geziert. Dieweil denn sein lieber Vater seeliger Christliche Lehr in euer Kirchen bey den ersten treuelich gepflanzt hat, und er zu Augspurg geboren ist, hat er sich auf meine Vermahnung, dem Vaterland zu dienen, erboten. Nun zweifel ich nit, Euer Ernfest, und E. Weißheit werden befinden, daß Verstand und Tugend in ihm ist: darum hab ich ihm Schrift geben, und bitt Ew. ERnfest und E. Wt. wollen ihn hören, und neben andern zum Predig-Amt gebrauchen, darinn er mit Gottes Hülff treuelich und seliglich dienen wird. Der allmächtig Gott, der ihm wahrhafftiglich eine ewige Kirche im menschlichen Geschlechte durch sein Evangelium sammlet, wolle Eure Stadt und Kirchen gnädiglich regiren und Euer Ernfest und Wt. und die Euren allezeit bewaren. Amen. Datum am zehenden Tag Decembris A. 1552. zu Torga.

Euer Ernfeste und E. Weißheiten
williger Diener
Philippus Melanthon.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen VII.
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1840