Calvin, Jean – An Butzer in Canterbury (314)

Verschiedene Nachrichten.

Da ich über die Zustände Deutschlands nichts zu schreiben habe, was dich sehr erfreuen könnte, und auch denke, dass Sturm und die andern dir das Wissenswerte davon schreiben, so will ich das gar nicht berühren. Bei den Schweizern ist alles ruhig; man meint, der Kaiser sei zu sehr mit dem Türkenkrieg beschäftigt, um in diesen Gebieten etwas zu unternehmen. Unsere Nachbarn [in Bern] lieben uns weniger und werden darum unsrerseits auch kühler behandelt, als ich wünschte. So, fürchte ich, werden wir, wenn es Unruhen gäbe, wenig Schutz bei ihnen finden. Neulich gab es auch aus geringfügiger Ursache ein Ärgernis; nämlich weil einige Festtage, die einst bei ihnen Gnade gefunden haben, von den Genfern, wie du dich erinnern wirst, plötzlich abgeschafft worden sind. Die Urheber dieses Beschlusses hatten gehofft, mit damit einen Gefallen zu tun und merkten erst zu spät, dass sie sich darin getäuscht hatten. Dabei habe ich hier in Genf selbst mit ein paar verzweifelt bösen Gesellen zu kämpfen. Doch ist die Not, die sie mir machen, leicht zu verwinden, wo Christus den Sieg davonträgt und das Regiment hat.

Ist es wahr, was ich kaum zu glauben wage, dass du gegenwärtig, auf besonderen Ruf des Königs, als Prediger nach London berufen bist, so kannst du von diesem Boten mehr über das alles erfahren; ob er gute Gelegenheit hat, selbst auch nach Canterbury zu reisen, weiß ich nicht. Ich denke, du weißt jetzt, welch ein heilloser Schwindler jener Florian [Susliga] ist, den du mir mit soviel Lob angepriesen hast. Als Herr Johann von Laski sich neulich seinetwegen verteidigte, fügte er irgendetwas bei, woraus ich entnehmen musste, wir seien in der Sakramentslehre nicht ganz einig; freilich setzte er gleich hinzu, er hoffe aber sehr, wie kämen zu voller Einigung. Ich wünschte, es erschiene eine Schrift, die nicht nur Eure Zustimmung zum Consensus bezeugte, sondern die ganze Sakramentslehre beleuchtete, da dieser sicher eine ausführlichere Behandlung zu wünschen wäre, als sie in unserer Consensusformel enthalten ist.

Auf Bitten oder besser Verlangen einiger frommer Leute habe ich meinen Kommentar zu den katholischen Briefen und einen andern zu Jesaja, den des Gallars [nach meinen Vorlesungen] ausgearbeitet hat, dem König von England gewidmet. Die Vorreden, falls sie dir etwa in die Hände kommen, zu lesen, wird dir nicht zu viel sein.

In einem persönlichen Schreiben habe ich ihn aber noch etwas freimütiger und schärfer ermahnt, besonders dass er sein Streben auf die Gesundung des Schulwesens richte. Wir wohnen zu weit auseinander, als dass ich dich um deinen Rat hätte bitten können über das, was ich kürzlich Herrn Philippus [Melanchthon] geschrieben habe; aber ich möchte wenigstens, dass du es weißt; so sende ich dir eine Abschrift des Briefes mit diesem. Lebwohl, trefflicher Mann und mir herzlich verehrter Vater. Der Herr halte dich und dein Haus in seiner Hut, er lasse deine Werke gedeihen und segne sie, er leite dich mit seinem Geiste in deinem ganzen Lebenslauf. Amen.

Farel und Viret, meine Kollegen und viele Brüder lassen dich ehrerbietig grüßen.

Genf, 22. Februar 1551.
Dein
Johannes Calvin.