Idelettens Frömmigkeit.
So furchtbar schwer mir auch der Tod meiner Frau war, so suche ich doch, so gut ich kann, meine Traurigkeit zu überwinden. Auch die Freunde tun ihre Pflicht eifrig. Zwar ich und sie kommen nicht so weit, als wir wünschen, aber schon das, was ich erreiche, hilft mir, ich kann nicht sagen wie viel. Du kennst die Empfindlichkeit oder besser Weichheit meines Herzens. Deshalb, hätte ich mir nicht gewaltsam Mäßigung auferlegt, ich stünde nicht mehr aufrecht bis jetzt. Gewiss nicht klein ist die Ursache meines Schmerzes. Genommen ist mir die beste Lebensgefährtin! Wäre mir etwas Schlimmes widerfahren, sie hätte nicht nur willig Verbannung und Armut mit mir geteilt, sondern auch den Tod. Solange sie lebte, war sie mir auch eine treue Helferin in meinem Amt. Von ihr ist mir nie auch nur das geringste Hindernis in den Weg gelegt worden. Und wie sie nie für sich sorgte, so wollte sie mir auch während ihrer ganzen Krankheit nie wegen ihrer Kinder lästig werden. Weil ich fürchtete, es quäle sie doch in ihrem Herzen die drückende Sorge, so habe ich drei Tage vor ihrem Tod von mir aus einmal bemerkt, ich verspreche ihr, ich werde meine Pflicht an ihren Kindern nicht versäumen. Da erwiderte sie gleich: „Ich habe sie schon dem Herrn empfohlen.“ Als ich sagte, das sei kein Grund, dass sie die Kinder nicht auch meiner Fürsorge anvertraue, da antwortete sie: „Ich weiß wohl, dass du nicht vernachlässigst, was du dem Herrn empfohlen weißt.“ Erst gestern erfuhr ich, dass sie, als eine Frau in sie drang, über ihre Kinder mit mir zu sprechen, ausdrücklich sagte: „Das ist die Hauptsache, dass sie fromm und rein leben. Meinen Mann brauche ich nicht zu drängen, dass er sie in frommer Zucht und Gottesfurcht erzieht. Sind sie fromm, so haben ich das feste Vertrauen, dass er ihnen von sich aus ein Vater ist; wären sie aber anders, so wären sie es ja nicht wert, dass ich ihn für sie bitte.“ Diese Geistesgröße gilt mir mehr, als hundert andere Empfehlungen. Für deinen freundlichen Trostbrief bin ich dir sehr dankbar. Lebwohl, bester, trefflichster Bruder. Der Herr Jesus schütze und leite dich samt deiner Frau. Grüße sie und die Brüder vielmals von mir.
7. April 1549.
Dein
Johannes Calvin.