Calvin, Jean – An Farel in Neuchatel

Von großer Arbeitslast. Weiteres vom Frankfurter Konvent.

Ich erinnere mich nicht, dieses ganze Jahr einen Tag gehabt zu haben, an dem ich mehr mit allerlei Geschäften überhäuft gewesen wäre als heute. Denn da dieser Bote auch den Anfang meines Werkes mitnehmen wollte, musste ich noch etwa zwanzig Briefe schreiben, einige Streitigkeiten schlichten, mehr als zehn Besuchern Rede stehen. Entschuldige also, wenn ich kurz und ungenau von Allem schreibe. Was im [Frankfurter] Konvent beraten wurde, werden wir nicht klar erfahren, bis Butzer zurückkommt, den wir nach seinem Brief in sieben Tagen erwarten. Doch schrieb er, bereitwilliger zum Schutz des Evangeliums habe er die Fürsten nie gesehen. Sicher haben sie in Schmalkalden etwas getan, das ihre hochgemute Stimmung zeigt. Es waren nämlich dort noch einige abergläubische Bildwerke, die sie samt ihren Altären zerstörten. Auch hoben sie beim Abendmahl die Elevation der Hostie auf, die bisher noch beibehalten worden war. Nun sollen die gehen, die immer noch, ich weiß nicht von welcher Mäßigung träumen und uns dazu zurückrufen wollen. Das wollte ich dir als Kostprobe geben, damit du siehst, dass sie weit davon entfernt sind, ängstlich zu sein. Auch unser Rat zeigt sich mutig. Neulich hat er eine Äbtissin, die anfing ihr Klostergut zu verschleudern, in Gewahrsam bringen lassen. Das Reichskammergericht hat auf Wunsch des Bischofs ihre Entlassung anbefohlen. Man trotzte dem Befehl. Die Bundesgenossen billigten, was geschehen ist, und erklärten, die Sache auf sich nehmen zu wollen. Es wurde deshalb ein Bote ans Kammergericht gesandt, mit der Meldung, der Rat werde sich seinem Spruch nicht fügen, wie er schließlich auch ausfallen werde. Wir warten also, bis sie ihren lächerlichen Blitzstrahl schleudern. Sorge, bitte, dass Balliot Geld schickt, damit ich Wendelin zahlen kann. Ich kann jetzt nicht fortfahren. Grüße alle Brüder angelegentlich von mir.
20. April 1539.
Dein Calvin.