Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen an Luther

19.8.1536

Unsern Gruß zuvor. Ehrwirdiger und Hochgelahrter, lieber Andächtiger! Wir haben Euer Schreiben, die Junkfrauen im Kloster zu Plötzka belangend, gelesen und daneben bemeldter Junkfrauen Schrift, dorin sie auch ihrer vorigen Domina todtlichen Abgang anzeigen und bitten, sie zu furdern, daß ihnen möchte ein andere Domina umb äußerlichs Regiments und Ordenung willen und dem gottlichen Wort nicht zuwider unter ihnen zu erwählen gestatt werden, empfangen. Und wiewohl wir solche ihre Suchung nit anderst derselb angezeigter Ursachen halben beschicht, vorstehen, damit sie in guter Zucht und Ordenung äußerlichs Wesens bei einander wollen erhalten, so bedenken wir doch, wue also uf ihre vorige Weis ein Wahl gestattet, daß es uns an andern Ortern Einfuhrung machen und Aergernuß gebieren wollte. Domit aber gleichwohl in obberuhrtem Kloster unter den Nunnen gebuhrliche äußere Ordnung und junkfrauliche Zucht erhalten moge werden, so lassen wir geschehen, daß Ihr als fur Euch ihnen Rath geben und anzeigen mochtet, wann sie alle oder der großte Theil uns oder Euch ein tapfere und hierzu tugliche und geschickte Person, die unter ihn vor den andern ein Ansehen mocht haben, angeben würden, so wollten wir derselbigen einen offnen schriftlichen Befelh und Mandat zufertigen und ihr befelhen, die Regierung, Ordenung und Gehorsam unter den Klosterpersonen und Jungfrauen zu haben, auch unter ihnen dieselb zu erhalten und allwegen ziemliche Straf furzuwenden, so ferner Ihr auch bedächtet, daß solchs Leyenwesen sollt nach voriger alter Weis und Ordenung erwählet und bestätiget werden. Das wollten wir Euch gnädiger Meinung nit verhalten. Geben zu Torgau, Sonnabends nach Assumptionis Mariae Anno 1536.

Dr. Martin Luther’s sämmtliche Werke
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von
Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Elfter Band.
Briefe vom Februar 1534 bis Juli 1536
Calw & Stuttgart.
Verlag der Vereinsbuchhandlung.
1907