Melanchthon an Luther.

Vor drei Tagen haben wir unsere Unterredung beschlossen. Denn die Vergleichungsmittel von der einen Gestalt des Sacraments, von dem Canon, von der Privatmesse, deßgleichen von dem ehelosen Stand, wollen wir nicht annehmen. Nun ist die Sache abermal dem Kaiser vorgetragen worden, daß ich nicht wissen kann, was geschehen werde. Lasset uns nur Gott bitten, daß er das Herz des Kaisers lenke, Friede zu erhalten, dessen wir jetzo zumal höchlich benöthiget sind, ja nicht allein wir, sondern ganz Deutschland.

Ihr könnet nicht glauben, wie verhaßt ich den Nürnbergern, und weiß nicht was für Andern seie, der den Bischöfen wieder eingeräumten Jurisdiction halben. Auf solche Art streiten die Unsern nur für ihre Herrschaft, nicht für’s Evangelium. Ein gewisser Freund schrieb: Ich möchte vom römischen Papst mit noch so vielem Gelde sein bestochen worden, so hätte keine bessere Art und Weise können ersonnen werden, die päpstliche Herrschaft wieder herzustellen, als den Leuten diejenige vorkommt, die wir angerichtet. Ich habe zur Zeit noch keinen Lehrartikel fahren oder fallen lassen. Nur waren sie auf die weltlichen Sachen böse, die doch der bischöflichen Gewalt zu nehmen bei uns nicht steht. Wir werden, wie ich hoffe, in Kurzem erfahren, was für einen Schluß der Kaiser fassen wird. Gehabt Euch wohl.

Am Tage Aegidii (1. Septbr.)

Quelle:
Philipp Melanchthon's Werke, in einer auf den allgemeinen Gebrauch berechneten Auswahl. Herausgegeben von Dr. Friedrich August Koethe Erster Theil Leipzig: F.A. Brockhaus 1828