Luther, Martin – An Georg Spalatin, nach Augsburg. 1530

Daß die Könige, Fürsten und Völker bei Euch wüthen und toben wider den Gesalbten des Herrn, das halt ich für ein gut Zeichen, und viel besser, als wenn sie gute Wort gäben. Denn es folget: Der im Himmel wohnt, lachet ihrer (Ps. 2). Wenn nun dieser unser Fürst ihrer lachet, weiß ich nicht, warum wir weinen sollen, ihrethalben. Er lachet freilich nicht Seiner sondern unserthalben, auf daß wir desto getroster seyen, ihr nichtiges Fürnehmen zu verachten. Es ist allein Glaube vonnöthen, auf daß des Glaubens Sache nicht ohne Glauen sey. Der aber dieß Werk hat angefangen, der hats wahrlich ohn unsern Rath und Anschlag angefangen, und eben Derselbe hats bis hieher beschützt, über und ohne unsere Rath und Anschläge. Er ist auch eben Der, so dasselbe hernachmals zum Austrag und Ende wird bringen, ausser und über unsern Rath und Anschläge. Daran zweifle ich nichts.

Ich weiß und bin gewiß, an wen ich glaube; Derselbige kann überschwinglich thun über Alles, das wir bitten und verstehen, obgleich Philippus (Melanchthon) gedenkt und wollte gern, daß Er thät nach seinem (Philippi) Rath, damit er dürft rühmen: wahrlich, also sollts gehen! so hätte ichs gemacht! – Nein, es muß nicht heißen: So ich, Philippus; das Ego, der Ich, ist zu gering. Sondern es heißt: Ich werde seyn, der ich seyn werde. Das ist Sein Name: Der ich seyn werde. Man siehet nicht, wer Er ist; aber Er wirds seyn; so werden wirs sehen. Doch hievon genug.

Seyd stark im HErrn, und vermahnet Philippum von meinetwegen, daß er nicht zum Gott werde, sondern streite wider die angeborne Begier, Gott seyn zu wollen, welche uns der Teufel im Paradies eingepflanz. Denn die ist uns nimmer gut. Solche Göttlichkeit hat Adam und Eva aus dem Paradies gestoßen; dieselbe, und nichts anders, stößet uns auch heraus und treibet uns aus dem Frieden. Wir sollen Menschen, und nicht Gott seyn. Das ist die Summa; es wird doch nicht anders, oder ist ewige Unruhe und Herzeleid unser Lohn. – Gehabt Euch wohl in Christo. – Am letzten Juni 1530.

Quelle:
D. Martin Luthers Glaube, Trost und Hoffnung während des Reichstages zu Augsburg im Jahr 1530. Dargestellt in ausgewählten Briefen desselben. Stuttgart. In Commission der J. B. Metzler'schen Buchhandlung. 1830