Luther, Martin – An Wenceslaus Link

Dem sehr ehrwürdigen Herrn Wenzel Link, seinem Bruder und Obern im Herrn.

27. Juni. 1530

Gnad und Friede. Der Bothe, der mir plötzlich und unversehens aufstieß, that so dringend, daß ich nicht einmal Zeit hatte den Unsrigen in Augsburg zu schreiben. Daher überschicken wir Euch durch ihn nur die von Wittenberg erhaltenen Briefe. Habet also die Güte zu besorgen, daß sie richtig den Unsrigen zu Augsburg eingehändiget werden. Ich glaube, Ihr werdet dieses Eures Orts leicht thun können, da ihr daselbst der Menge Bothen habet. Ein anderesmal, wenn ich mehr Muße habe, werd ich auch Euch und andern mehreres schreiben. Die Auslegung des Psalm Confitemini gehet nach Wittenberg in die Presse ab, mit einer Exegese, die mir aber ihrer Weitläuftigkeit wegen selbst nicht ganz gefällt. Grüßet mir indeß alle, den Doctor Spengler, Abt Michael, Joachim, Eoban, Osiander. Wenn Ihr bey guten Freunden für meinen Herrn, die Catharine, etwa ein Schock Pomeranzen bekommen könntet, wollt ichs Euch gerne bezahlen. Sie quällt mich in vielen Briefen darum, indem es zu Wittenberg keine giebt. Lebet wohl mit Eurer Hausrebe und den süssesten Trauben. Aus meiner stillen Einöde Montags nach Johannis. 1530.

Euer
Martin Luther
Quelle: Gottfried Schütze