Luther, Martin – An Philipp Melanchthon

7. Juni 1530

Gnad und Friede in Christo. Ich sehe schon, ihr habt euch zusammen verschworen, uns durch euer Stillschweigen zu martern. Damit wir also nicht ungerochen so dahin schmachten, so deuten wir euch durch dieses Schreiben an, daß wir mit euch im Stillschweigen um die Wette streiten werden, ob ihr etwa gleich wenig darnach fragen möget. Da lobe ich mir die Wittenberger, die ob sie gleich sehr beschäftiget sind, doch dreymal schreiben, ehe ihr Faulenzer nur ein einzigesmal. Ueber den Todfall meines Vaters hat man mich allenthalben des Beyleids versichert. Wollt ihr davon nähere Nachricht haben, so könnet ihr es aus dem Briefe des Michael Caelius ersehen. Hier leg ich nun die Feder weg, damit ich nicht durch mein Geschreibsel Euch noch mehr verstummen mache. Grüßet alle die Unsrigen. Die Gnade Gottes sey mit Euch. Amen. Den 7ten Jun. 1530. Meine Frau schreibet mir, daß die Elbe abermal sehr ausgetreten sey, da es doch in dieser Gegend nirgends geregnet habe. Viel Wasser, viel Abentheuer! Lebet wohl.

Euer

Martin Luther

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Quelle: D. Martin Luthers bisher grossentheils ungedruckte Briefe. Nach der Sammlung den Hrn. D. Gottf. Schütze, aus dem Latein übersetzt. Erster Band. Leipzig, in Kommission bey Christian Friderich Wappler. 1784.