Luther, Martin – An die Christen zu Halle, v. 26. April 1528.

Gnade und Friede in Christo Jesu, unserm Herrn und Heiland. Ich höre, meine lieben Freunde in Christo, wie euer Tyrann, so bisher sich ausgeheuchelt hat, nu fort öffentlich frei heraus fähret zu wüthen, und euch allen mit Ernst gebeut, das Sacrament zu dieser Zeit allein der einen Gestalt nach alter löblicher (wie ers deutet) Gewohnheit zu nehmen; so er doch fein und wohl weiß, daß es wider die klare Wort und Einsatzung (Christi) gehandelt ist, und sich noch nicht fürcht oder sehenet an dem gräulichen Fall und Geschicht Doct. Krausens. Wohlan, Christus unser Herr, der euch sein Wort und Wahrheit hat zu erkennen geben, der wolle euch in solcher Noth helfen, beistehen und stärken, daß ihr dem unchristlichen Wüthen und Furnehmen müget widerstehen; das bitte ich von Herzen, Amen.

Quelle:
Dr. Martin Luther’s vermischte deutsche Schriften Nach den ältesten Ausgaben kritisch und historischc bearbeitet von Dr. Johann Konrad Irmischer Deutsche Briefe. Erster Band. Frankfurt a. M. und Erlangen, Verlag von Heyder & Zimmer. 1853

Denn weil ihr nu deß bericht seid, daß es recht sei, beider Gestalt zu empfahen, und euer etliche bisher vielleicht auch also empfangen habt: wollt sichs nicht leiden hinfort, anders, denn was ihr recht erkennet, zu thun, weil wir nicht müssen unrecht oder wider Recht thun umb Jemands willen, sondern Gott mehr denn den Menschen gehorsam sein.

Wiewohl sie nu anfahen zu lehren, daß die Christenheit hab Macht, die Ordenung Christi zu ändern, als sie etliche Exempel anziehen; so ist doch alles erlogen. Denn es ist nicht wahr, daß die christliche Kirche habe die eine Gestalt zu empfahen eingesetzt, wie ich im Büchlin, an Euer Liebe geschrieben, beweiset habe. So ist je das gewißlich wahr, daß die christliche Kirche, als seine fromme unterthänige Braut, allzeit Christo, ihrem Herrn, gehorsam ist, und seine Wort oder Ordnung nicht bricht oder brechen lehret; wiewohl sie hat müssen leiden, daß man sie solcher Ordnung beraubt hat, oder zum Mißbrauch verkehret.

Wer nu ein recht Glied der Christenheit sein will, der muß wahrlich auch mit derselbigen Christo gehorsam sein. Denn sollte diie christliche Kirche in einem Stück mögen Christi Wort und Ordnung ändern oder brechen: so möchte sie auch alle andere seine Wort und Ordnung brechen und ändern, und zuletzt dahin kommen, daß man auch sie selbs nicht müßte hören, weil solchs Gott geordnet und geboten hat; und also möchte durch Menschen alle Gottes Gebot, dazu die christliche Kirche aufgehoben werden. Wenn man denn Gottes Gebot aufhebet, wem will man denn gehorsam sein?

Darumb sind es gewißlich eitel Teufels-Lügen, daß sie furgeben, die Kirche habe Macht, Gottes Gebot zu ändern, und reißen damit den Gehorsam, beide Gottes und der Menschen, gar hinweg. Denn den Menschen gehorsam sein, ist auch Gottes Gebot und Ordnung (als den Aeltern und der Oberkeit); warumb fodern sie denn den Gehorsam, und strafen die Aufrührischen, so Gottes Gebot durch Menschen kann aufgehoben werden? Davon ich will, so bald ich kann, durch den Druck weiter (ob Gott will) handeln.

Itzt nicht mehr, denn stärkt euch in dem Herrn Christo, und stehet fest zu seinem Lob und Ehre. Dazu euch Gott, der Vater aller Barmherzigkeit, seinen Geist gebe, daß ihr müget solche Anfechtunge uberwinden, Amen.

Anno 1528. am 26. Aprilis.

Martinus Luther, Doctor.